XXVIII.

[25] 1. Vor zeiten war ich lieb und wehrt,

die ich mir het außerkorn,

jetzt hat es sich so gantz verkehrt,

ist alles an jhr verlorn.

Denn sie hat ein andern lieber denn mich,

zweyen herren nicht kan dienen ich,

der eine ist lieb der ander leid,

damit ich von jhr scheid.


2. Hüt euch jr jungen knaben,

habt euch in guter hut,

last euch die liebe nicht zwingen,

und lernet abelan.

Ein guter mut ist halber leib,

glaubt nicht den schönen jungfrawen zu viel,

was heut ist lieb, wird morgen leid,

das macht jr unstetigkeit.


3. Den falken können sie streichen,

dieweil wir bey jhn sein,[25]

viel sprichwörter können sie treiben,

als bald wir von jn sein.

Sie geloben viel, und halten ein teil,

bis sie uns bringen ans narren seil,

denn müssen wir gefangen gan,

dieweil wir das leben han.


4. Sie thun uns locken und singen,

bis wir jn fliegen zu,

das sie uns ja bezwingen,

dieweil haben wir kein ruh.

Gleich wie man den kleinen waldvögelein thut,

man pfeiffet jn süss, man machts jn gut,

und wenn sie denn gefangen sind.

so schlegt man sie all zu todt.


5. Alde zu tausent guter nacht,

mein trawren hat ein end,

hett ich dein untrew lengst erkandt,

mein hertz hett sich von dir gewandt.

Fürwar es wird gerewen dich,

du betreugest ein andern so bald als mich,

dein untrew macht, dass ich dein nicht acht,

alde zu guter nacht.

Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 25-26.
Lizenz:
Kategorien: