LXXIX.

[79] 1. Ach gott wem soll ich klagen mein leide,

das mir mein junges hertz gefangen leit,

und wil mir nicht gelingen,

hett mir ein feins megdlein ausßerkorn,

ein ander thut mich verdringen.


2. Ich hatte sie lieb, ich hielte sie wert,

und thet alles was jr junges hertz begert,

in züchten und in ehren,

noch hat sie einen andern viel lieber denn mich,

sie wil mich gantz ubergeben.


3. Was hilfft dich lieb die arge list,

das du so gar vol aller untrew bist,

mich wundert aus dermassen,

dz du hertzlieb sobald dein reden

in den wind hast faren lassen.


4. Untrew offt seinen herren schlegt,

welches dir auch widerfaren möcht,

dz rede ich auff mein trewe,

ich wil noch wol erleben die zeit,

dz dich solches sol sehr gerewen.


5. Hett ich dein untrew vor lengst erkend,

mein hertz hett sich von dir gewend,

du hast mir vorgelogen,

ich sehe es an deinen braun äuglein klar,

du hast jhr wol mehr betrogen.


6. Wer sich auff einen dornstrauch setzt,

und auff ein junges megdlein verlest,

ein blinder thut jn führen,

kompt er des unbetrogen darvon,

so mag er sich des wol rühmen.[79]


7. Darauff gebt acht jhr jungen knaben,

die jhr die megdlin lieb thut haben,

last sie euch nicht betriegen,

wenn sie euch geben gute wort,

so thun sie am sehrsten liegen.

Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 79-80.
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