XCIX.

[104] 1. Ich weis mir ein megdlein hübsch und fein,

es hat ein rotes mündelein,

damit gibt sie mir so guts wort,

die ich mein tag nie hab gehort.

Dz ich allein nit bey dir kan seyn,

das bringt mir pein im hertzen mein.


2. Sie hat zwey äuglein die sind klar,

darzu ein gelb geflochten haar,

darzu zwey wänglein die sind rot,

die bringen mich offt in grosse not.

Das ich dieselbige nicht rühren mag,

weder tag noch nacht, bringet mir klag.


3. Sie hat zwey ärmelein die sind blanck,

sie machen mir offt mein hertz so kranck,

wenn ich an sie gedencken thu,

so hat mein hertz weder rast noch ruh.

All mein sinn steht gantz dahin,

das ich allein möcht bey jr sein.


4. Sie ist mein einiger augentrost,

sie hat mich offt aus sorgen erlöst,

ich hoff dasselbig wacker megdelein,

sol uber ein jar mein eigen sein;

Erst wolt ich treiben das freudenspiel,

nach meinem willen wie mirs gefiel.


5. So befehle ich sie dem lieben Gott,

dasselbige wacker megdlein rot,

der behüte sie vor allem leid,

hilff uns zusammen mit grosser freud;

Sey dir feins lieb zu ehren gemacht,

in eyl erdacht, zu guter nacht.


Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 104.
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