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Wie Doct. Faustus in die Hell gefahren.

[50] Doct. Faustus war auff das achte Jar kommen, vnd erstrecket sich also sein Ziel von Tag zu Tag, war auch die zeit deß meisten theils mit Forschen, Lernen, Fragen vnd Disputiern vmbgangen. Vnter dem träumete oder grauwete jm aber vor der Helle. Er fordert also seinen Diener, den Geist Mephostophilem, er solte jm seinen Herrn Belial oder Lucifer fordern vnd kommen lassen. Sie schickten jm aber einen Teuffel, der nannte sich Beelzebub vnter dem Himmel, der fragte D. Faustum, was[50] sein begeren oder anliegen were? Ob er nicht vermöchte, daß jhn ein Geist in die Hell hineyn führete vnd wider herauß, daß er der Hellen Qualitet, Fundament vnd Eygenschafft, auch Substantz möchte sehen, vnd abnemmen. Ja, antwortet jm Beelzebub, vmb Mitternacht wil ich kommen, vnnd dich holen. Als nun in der Nacht, vnd stick Finster war, erschiene jm Beelzebub, hatt auff seinem Rücken einen Beinen Sessel, vnnd rings herumb gantz zugeschlossen, darauff saß D. Faustus vnd fuhr also davon. Nu höret, wie jn der Teuffel verblendet, vnnd ein Affenspiel macht, daß er nit anders gemeinet, denn er seye in der Helle gewest. Er führet jhn in die Lufft, darob D. Faustus entschlieff, als wann er in einem warmen Wasser oder Bad sesse. Bald darnach kompt er auff einen hohen Berg, einer grossen Insel hoch, darauß Schwebel, Pech vnd Fewrstralen schlugen, vnnd mit solcher Vngestümb vnd Prasseln, daß D. Faustus darob erwachte. Der Teuffelische Wurmb schwang in solche Klufft hineyn mit D. Fausto. Faustus aber, wie hefftig es brannte, so empfunde er kein Hitze noch Brunst, sondern nur ein Lüfftlin, wie im Meyen oder Frühling, er hörte auch darauff allerley Instrumenta, deren Klang gantz lieblich war, vnd konnte doch, so hell das Fewer war, kein Instrument sehen, oder wie es geschaffen24. So dorffte er auch nit fragen, wie es damit eine Gestalt hette denn jme solches zuvor ernstlich verbotten war, daß er nit fragen noch reden soll. In dem schwungen sich zu diesem Teuffelischen Wurmb vnd Beelzebub noch andere drey, auch solcher gestalt. Als D. Faustus nom besser in die Klufft hinab kame, vnd die drey benannte dem Beelzebub vorflogen, begegenete D. Fausto in dem ein grosser fliegender Hirsch, mit grossen Hörnern vnd Zincken, der wolte Doct. Faustum in die Klufft hinab stürtzen, darob er sehr erschracke. Aber die drey vorfliegende Würme vertrieben den Hirsch. Als nun D. Faustus besser in die Spelunck hinab kam,[51] da sahe er vmb sich herumb seyn nichts, dann lauter Vnzieffer vnd Schlangen schweben. Die Schlangen aver waren vnsäglich groß. Ihm kamen darauff fliegende Bären zu hülff, die rangen vnd kämpfften mit den Schlangen, vnd siegten ob, also daß er sicher vnd besser hindurch kame, vnd wie er nu weiter hinab kompt, sahe er ein grossen geflügelten Stier auß einem alten Thor oder Loch herauß gehen, vnd lieff also gantz zornig vnd brüllend auff D. Faustum zu, vnd stieß so starck an seinen Stuel, daß sich der Stuel zugleich mit dem Wurm vnnd Fausto vmbgewendet. D. Faust fiel vom Stuel in die Klufft jmmer je tieffer hinunter, mit grossem Zetter vnd Wehgeschrey, dann er gedachte, nun ist es mit mir auß, weil er auch seinen Geist nicht mehr sehen konnte. Doch erwüscht jn letzlich widerumb im hinunter fallen ein alter runtzlechter Affe, der erhielt vnd errettet jn. In dem vberzoge die Hellen ein dicker finster Nebel, daß er ein weil gar nichts sehen kondte, auff das thäte sich eine Wolcken auff, darauß zween grosser Drachen stiegen, vnd zogen einen Wagen nach jhnen, darauff der alte Aff D. Faustum setzte. Da folget etwan ein viertel Stundt lang ein dicke Finsternuß, also daß D. Faustus weder den Wagen, noch die Drachen sehen oder begreiffen kondte, vnd fuhr doch jmmer fort hinvnter. Aber so bald solcher dicker, stinckender vnd finsterer Nebel verschwandt, sahe er sein Rossz vnd Wagen widerumb. Aber in der Lufft herab schossen auff D. Faustum so viel Straal vnd Blitzen, daß der Keckest, wil geschweigen D. Faustus, erschrecken vnd zittern müssen, In dem kompt D. Faustus auff ein groß vnd vngestümb Wasser, mit dem sencken sich die Drachen hinvnter, Er empfand aber kein Wasser, sondern grosse Hitz vnnd Wärme, Vnd schlugen also die Stromen vnnd Wällen auff Doct. Faustum zu, daß er Rossz vnd Wagen verlohr, vnd fiel jmmer tieffer vnd tieffer in die Grauwsamkeit deß Wassers hinein, biß er endlich im fallen ein Klufft, die hoch vnd spitzig war, erlangte. Darauff saß er, als wann er halb todt were, sahe vmb sich, kundte aber niemand[52] sehen noch hören. Er sahe jmmer in die Klufft hinein, darob ein Lüfftlin sich erzeigte, vmb jn sahe er Wasser. D. Faustus gedacht, nu wie mustu jm thun, dieweil du von den Hellischen geistern verlassen bist, entweder du must dich in die Klufft oder in das Wasser stürtzen, oder hieoben verderben. In dem erzürnet er sich darob, vnnd sprang also in einer rasenden vnsinnigen Forcht in das fewrige Loch hineyn, vnd sprach: Nun jhr Geister, so nemmet mein wolverdientes Opffer an, so meine Seel verursachet hat. In dem er sich also vberzwergs hinein gestürtzet hat, wirt so ein erschrecklich Klopffen vnd Getümmel gehört, davon sich der Berg vnd Felsen erschüttet, vnnd so sehr, daß er vermeynt, es seyen lauter grosse Geschütz abgangen. Als er nun auff den Grund kam, sahe er im Fewr viel stattlicher Leut, Keyser, Könige, Fürsten vnnd Herrn. Item, viel tausent geharnischte Kriegßleut, Am Fewer flosse ein küles Wasser, darvon etliche trancken, vnd sich erlabeten vnd Badeten, etliche liessen vor Kühle in das Feuwer, sich zu wärmen D. Faustus trat in das Feuwer, vnd wolte ein Seel der Verdampten ergreiffen, vnd als er vermeynte er hett sie in der Hand, verschwande sie jm widerumb. Er kondte aber vor Hitze nicht länger bleiben, vnd als er sich vmbsahe, sihe so kompt sein Drach oder Beelzebub mit seinem Sessel wider, vnd saß er drauff, fuhr also wider in die Höhe. Dann Doct. Faustus kondte vor dem Donner, Vngestümb, Nebel, Schwefel, Rauch, Fewer, Frost vnd Hitz in die länge nicht verharren, sonderlich da er gesehen hatt das Zettergeschrey, Wehe, Grißgrammen, Jammer vnd Pein, etc. D. Faustus, der nu eine gute Zeit nicht anheimbs gewesen, auch sein Famulus nicht anders gemeinet, vnd abnemmen können, weil er die Hell hat begert zusehen, er werde mehr gesehen haben dann jm lieb sey, vnd ewig aussen bleiben. In solchem Wohn kompt in der Nacht D. Faustus widerumb zu Hauß, Weil er nu seithero auff dem Sessel geschlaffen, wirfft jhn der Geist also schlaffendt in sein Bett hineyn. Als aber der Tag herbey kam, vnd D. Faustus erwachte, das Liecht des Tages sahe, ward jm nit anders, als wann er ein zeitlang in einem finstern[53] Thurn gesessen were. Dann er seythero nichts von der Hellen gesehen hatt, als die Fewerstromen, vnd was das Feuwer von sich geben hatt. D. Faustus im Bett ligend, gedachte der Hellen also nach, Einmal nam er jm gewißlich für, er were drinnen gewest, vnd es gesehen, das ander mal zweiffelt er darab, der Teuffel hette jhm nur ein Geplerr vnnd Gauckelwerck für die Augen gemacht, wie auch war ist, Dann er hatte die Hell noch nicht recht gesehen, er würde sonsten nicht darein begert haben.

Diese Historiam vnd Geschicht, was er in der Helle vnd Verblendung gesehen, hat er, Doct. Faustus, selbs auffgeschrieben, vnd ist nach seinem Todt solch schreiben in einem Zettel, seiner eigenen Handtschrifft, vnnd in einem Buch verschlossen liegendt, hinder jm gefunden worden.

Quelle:
Historia von D. Johann Fausten. In: Das Volksbuch vom Doctor Faust. Halle a.d.S. 21911, S. 50-54.
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