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Historia vonn D. Johann Fausten, deß weitbeschreyten Zauberers, Geburt vnd [10] Studijs.

Doctor Faustus ist eines Bauwern Sohn gewest, zu Rod, bey Weinmar bürtig, der zu Wittenberg ein grosse Freundschafft gehabt, deßgleichen seine Eltern Gottselige vnnd Christliche Leut, ja sein Vetter, der zu Wittenberg seßhafft, ein Bürger, vnd wol vermögens gewest, welcher D. Fausten aufferzogen, vnd gehalten wie sein Kind, dann dieweil er ohne Erben war, nam er diesen Faustum zu einem Kind vnd Erben auff, ließ jhn auch in die Schul gehen, Theologiam zu studieren, Er aber ist von diesem Gottseligen Jürnemmen abgetretten vnd Gottes Wort mißbraucht. Derhalben wir solche Eltern vnnd Freundt, die gern alles guts vnd das best gesehen hetten, wie solches alle fromme Eltern gern sehen, vnd darzu qualificiert seind, ohne Taddel seyn lassen, vnd sie in die Historiam nicht mischen sollen, So haben auch seine Eltern dieses Gottlosen Kindes Grewel nit erlebt noch gesehen1. Denn einmal gewiß, daß diese Eltern deß D. Fausti (wie menniglich zu Wittenberg bewußt) sich gantz hertzlich erfrewet haben, daß jr Vetter jn als ein Kindt auffname, vnd als darnach die Eltern sein trefflich ingenium vnnd memoriam an jm spürten, ist gewißlich erfolget, daß diese Eltern grosse Jürsorg für jhn getragen haben, gleich wie Hiob, am I. Capit. für sein Kinder gesorget hat, damit sie sich am HERRN nicht[11] versündigten. Es folget darneben auch offt, daß fromme Eltern Gottlose, vngerahtene Kinder haben, wie am Cain, Gen. 4. An Ruben, Genes. 43. Am Absolon, 2. Reg. 15. vnd 18. zusehen ist. Das ich darumb erzehle, dieweil jr viel gewest, so diesen Eltern viel Schuld vnnd Vnglimpff fürwerffen, die ich hiemit excusirt wil haben, daß solch Laruen die Eltern nicht allein als schmehehafft, sondern als hette Faustus von seinen Eltern gesogen, da sie etlich Artickel fürgeben, Nemlich, sie haben jm allen Mutwillen in der Jugend zugelassen, vnd jhn nicht fleissig zum studieren gehalten, das ist jnen den Eltern auch verkleinert. Item, da die Freundt seinen geschwinden Kopff gesehen haben, vnd er zu der Theologia nicht viel Lust gehabt, vnnd darzu bekandt, auch offentlich ein Ruff vnnd Sag gewest, Er gehe mit der Zäuberey vmb, jn bey zeiten solten gewarnet vnd darvon abgemahnet haben. Solches alles seyn somnia, denn sie hierinnen nicht sollen verkleinert werden, dieweil an jnen kein Schuld ist. Für eins, ad propositum.

Als D. Faust eins gantz gelernigen vnd geschwinden Kopffs, zum studiern qualificiert vnd geneigt war, ist er hernach in seinem Examine von den Rectoribus so weit kommen, daß man jn in dem Magistrat examiniert, vnnd neben jm auch 16. Magistros, denen ist er im Gehöre, Fragen vnnd Geschickligkeit obgelegen vnd gesieget, Also, daß er seinen Theil gnugsam studiert hat, war also Doctor Theologi. Daneben hat er auch einen thummen, vnsinnigen vnnd hoffertigen Kopff gehabt, wie man jn denn allezeit den Speculierer genennet hat, Ist zur bösen Gesellschafft gerahten, hat die H. Schrifft ein weil hinder die Thür vnnd vnter die Banck gelegt, ruch vnd Gottloß gelebt (wie denn diese Historia hernach gnugsam gibt). Aber es ist ein wahr Sprichwort: Was zum Teuffel wil,[12] das läßt sich nicht auffhalten, noch jm wehren.2 Zu dem fand D. Faustus seines gleichen, die giengen mit Chaldeischen, Persischen, Arabischen vnd Griechischen Worten, figuris, characteribus, coniurationibus, incantationibus, vnnd wie solche werden. Vnd diese erzehlte Stück waren lauter Dardaniæ artes, Nigromantiæ, carmina, veneficium, vaticinium, incantatio, vnnd wie solche Bücher, Wörter vnd Namen genennt werden mögen. Das gefiel D. Fausto wol, speculiert vnd studiert Nacht vnd Tag darinnen, wolte sich hernacher keinen Theologum mehr nennen lassen, ward ein Weltmensch, nandte sich ein D. Medicinæ, ward ein Astrologus vnnd Mathematicus, vnd zum Glimpff ward er ein Artzt, halff erstlich vielen Leuten mit der Artzeney, mit Kräutern, Wurtzeln, Wassern, Träncken, Recepten vnd Clistiern, darneben ohne Ruhm war er Redsprechig, in der Göttlichen Schrifft wol erfahren, Er wuste die Regel Christi gar wol: Wer den Willen des HERRN weiß, vnd thut jn nicht, der wirdt zwyfach geschlagen. Item, Niemand kan zweyen Herren dienen. Item, du solt Gott den HERREN nicht versuchen. Diß alles schlug er in Windt, setzte seine Seel ein weil vber die Vberthür, darumb bey jhm kein entschuldigung seyn sol.

Quelle:
Historia von D. Johann Fausten. In: Das Volksbuch vom Doctor Faust. Halle a.d.S. 21911, S. 10-13.
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