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Von einer Gesticulation, da einem Bawrn 4. Räder vom Wagen in die Lufft hingesprungen.

[97] Doct. Faustus ward gen Braunschweig in die Statt, zu einem Marschalck, der die Schwindsucht hatte, jhme zu helffen, beruffen vnd erfordert. Nun hatt aber D. Faustus disen gebrauch, daß er nimmer weder ritte, noch fuhre, sondern war zugehen gericht, wohin er beruffen wurde. Als er nun nahe zu der Statt kame, vnd die Statt vor jhm sahe, begegnet jm ein Bawr mit vier Pferden, vnd einem leeren Wagen. Disen Bawrn sprach D. Faustus gůtlich an, daß er jn auffsitzen lassen, vnd vollends biß zu dem Statt Thor führen wolte, welches jm aber der Dölpel wegerte vnd abschluge, sagende, Er würde one daz genug herauß zuführen haben. D. Fausto war solch begeren nicht Ernst gewest, sondern hatte den Bauren nur probieren wöllen, ob auch ein Gütigkeit bey jhme zufinden were. Aber solche Vntrew, deren viel bey den Bauren ist, bezahlte D. Faustus wider mit gleicher Müntze, vnd sprach zu jhme: Du Dölpel vnnd nichtswerdiger Vnflat, dieweil du solche Vntrew mir beweisest, dergleichen du gewiß auch andern thun, vnd schon gethan haben wirst, soll dir darfür gelohnet werden, vnd solt deine vier Räder, bey jeglichem Thor eins finden. Drauff sprangen die Räder in die Lufft hinweg, daß sich ein[97] jeglichs Rad bey einem sondern Thor hat finden lassen, doch sonsten one jemands wahrnemmen. Es fielen auch deß Bauwren Pferd darnider, als ob sie sich nicht mehr regten, Darob der Bauwer sehr erschracke, masse jhme solches für ein sondere Straff GOTtes zu, der Vndanckbarkeit halb, auch gantz bekümmert vnnd weynet, bate er den Faustum mit auffgereckten Händen, vnd neigung der Knie vnnd Bein, vmb Verzeihung, vnd bekannte, daß er solcher Straff wol wirdig were, Es solte jhm auff ein andermal ein erjnnerung seyn, solcher Vndanckbarkeit nit mehr zugebrauchen, Darvber Faustum die Demuth erbarmete, jm antwortete: Er solts keinem andern mehr thun, dann kein schändtlicher ding were, als Vntrew vnd Vndanckbarkeit, darzu der stoltz so mit vnderläufft. So solt er nu hie Erdtrich nemmen, vnd auff die Gäul werffen, darvon würden sie sich widerumb auffrichten, vnnd zur fristung kommen, welches auch geschahe. Darnach sagt er dem Bawrn, dein vntrew kan nit gar vngestrafft abgehen, sondern muß mit gleicher Maß bezahlt werden, dieweil es dich ein so grosse Müh gedaucht hat, einen nur auff ein lähren Wagen zusetzen, So sihe deine vier Räder seind vor der Statt bey vier Thoren, da du sie finden wirst. Der Bawr gienge hin vnd sands, wie D. Faustus jme gesagt hatte, mit grosser Mühe, Arbeit vnnd Versaumung seines Geschäffts, das er verrichten solte, also traff Vntrew jhren eygen Herrn.

Quelle:
Historia von D. Johann Fausten. In: Das Volksbuch vom Doctor Faust. Halle a.d.S. 21911, S. 97-98.
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