X. Die listige Lebens-Rettung.

[13] Viele haben durch verbottene Liste ihre Säckel mit frembdem Gute bereichert / aber folgende warhaffte Geschichte stellet unß für / ein Exempel eines Mannes / der durch einen behenden und wohlvergönnten Griff sein Leben erhalten hat.

Zu Zürch in Schweitzerlande war vor Zeiten ein starcker und freudiger Rittersmann / Jacob Müller genandt / der dem nachmahligen löblichen und frommen Käyser[13] Rudolph von Habspurg sehr auffsätzig war /und ihm alles zu wieder thät / was er nur thun kunte. Es trug sich aber zu / daß Anno 1279 dieser Rudolph / alß damahliger Graff im Elsaß / den Jacob Müller ohngefähr auff freyem Felde antraff / und weil er wohl wuste / daß er sein abgesagter Feind war / rante er eylig und im vollem Grimm auff ihn zu / ihm alsobald den Rest zu geben / und zu erstechen. Da aber der Ritter solches sahe / stieg er behende vom Pferd / zog seine Hosen hinunter / und setzte sich unter einen Baum / alß wolte er seine Nohtturfft thun. Weil er sich ohne dem nicht getrauete / dem Graffen zu entrinnen. Wie nun der Graff also im Zorn auff ihn zurante /und ihn gleich durchstechen wolte / bahte er mit auffgehobenen Händen / umb Gottes willen / er solte doch so lange einhalten / biß er auffgestanden / und seine Hosen wieder zugemacht hatte. Solches sagte ihm der Graff Augenblicklich zu / und hielt so lange an sich. Der Ritter aber war so listig / daß er die Hosen in den Händen behielt / und sagte: So schwer ich zu Gott und allen Heiligen / daß ich diese Hosen nimmermehr auffziehen und zu nesteln wil / und so lange werden auch Eure Gnaden mein Leben fristen / wollen sie anders ihrer Gräfflichen Zusage nicht zu wieder leben. Alß sich nun der Graff ein wenig hierauff besann / der sonst ein freundlicher und sanfftmüthiger Herr war /reichte er ihm seine Hand / und verziehe ihm alles /was er alß ein Feind gegen ihn mißhandelt / nahm ihn darneben zu seinem Ritter und Diener an / der ihm auch Zeit seines Lebens sehr treulich gedienet. Deswegen ihn, hernach Rudolphus sehr lieb gehabt / weil er wohl wuste /[14] daß er ein starcker und freudiger Held war / dem es weder an der Faust / noch an verschlagenem Kopff mangelte.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 13-15.
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