CXV. Die abgedroschene Buhler.

[247] Es hat sich vor zu getragen / daß zween Studiosi iuris sich auff einer hohen Schul in Franckreich / in eines Notarii sehr schönes und Holdseeliges / nebens aber auch ehrliches Weib dermassen verliebet / duß sie ohne dieselben nicht leben kunten. Sie waren Landsleute und Kammer-Gesellen / wolten auch Liebs-Gesellen seyn: Verliessen die Institutiones und den Codicem / und blätterten das Buch von der Kunst zu bulen durch / giengen ihrer Dame stets vor die Thür /und gaben derselben ihre Meynung zu verstehen. Als nun dieses lange Zeit gewäret / so hat die Frau endlich solches ihrem Ehewirth angezeiget / welcher mit lachendem Mund zu ihr saget: Wie daß er mit Fleiß sich aus dem Hauß begeben / sie aber den einen oder den andern Studenten / wann er vorüber gehe / zu ihr beruffen / und ihme vermelden / wann er sie liebe /daß er sich auff den Abend / wann es finster / vor der Thür finden lassen / und so lang da warten solle / biß ihr Mann / so außzugehen / nach demselben sich verfügen werde / und daß er demselben / so ihr zuwider sey / einen guten Abend mit Prügeln gebe: so wolle sie ihm hergegen versprechen / ihn (so ferrn er seinem Camarada / oder Cammer-Gesellen / nichts davon sagen werde) zu lieben / und ihme das wiederfahren zu lassen / was er an sie begehre: Und eben solches soll sie / die Frau / auch mit dem andern Studenten vornehmen: denselben aber an einen Ort / neben dem Hause / eben zur selbigen Stunde auffwarten lassen /und ihme sagen / daß sie die Magd / wann er kommen /[248] und ihrem Mann Stöß geben solle / zu ihm dahin schicken wolle. Als nun die Sach von ihr dergestalt wol bestellt / und beede Studenten jeder absonderlich / dem andern unwissend / ihren Dienst hierin versprochen hatten / auch die Nacht und verabschiedte Stunde kommen war / schickte die Frau ihre Magd an den angedeuteten Orth / welcher dann der erste Student /so vor der Thür warten sollen / begegnet / dem sie /daß sie ihren Herrn heimholen wolte / und daß er auff ihn da warten solte / vermeldet: Und sich zu dem andern / so an dem besagtem Ort allbereit auffgewartet hatte / verfüget / den sie geheissen / ihr etwas wenigs nachzufolgen / weiln ihr Herr jetzt gleich aus dem Hauß / etlicher wichtiger geschäffte halber / gehen wolle. Dieweil es nun stock finster / und keiner nichts redete / damit sie nicht verrathen würden / so gaben die zween Studenten / als die beede vermeynten auff den Notarium zu schlagen / einander mit Prügeln nachdrückliche und wiedergiebige Stösse / also / daß der Notarius und sein Weib vor Lachen schier umbgefallen seynd; die beede aber nicht auffhörten / biß sie von ferne einen hellen Schein ersahen / so sie vor die Scharwache hielten: daher sie endlich von einander abgelassen / und unterschiedliche Weg genommen /aber in ihrem Losament wieder zusammen kommen seynd / sich doch / unvermeldet des Unfalls / zur Ruhe begeben / und Morgens / da sie im Bett träncker und übel zugerichteter sich befunden / was jedem begegnete er zehlet / verstanden haben / allererst einander selbsten / ihnen unwissend / also tractirt / und sie des Notarii Haußfrau also betrogen hätte. Daher der eine diese Verse gemacht hat:[249]


Wer mit unzüchtiger Liebesbrunst

Sein Hertz närrisch angezündet sehr /

Der erwarete von solcher Kunst /

Nichts / als Unlust / Schadn und Unehr.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 247-250.
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