CXXV. Der falsche Envoye.

[263] Vernehmet / was sich zu Wien für ein behender Spitzbube im Monath Julio Anno 1685 eingefunden. Dieser gab sich auß für dem Marquiß de Caretta / und nante sich einen Envoye des Herzogs von Savoyen. So bald er in gemeldte Käyserl. Residentz kommen /ist er gestiefelt und gesporet in des Hn. Graffen von Königs-Egg Hauß gangen / und als ein naher Vermandter an desten Frau Gemahlin / einer gebohrnen de Porel / bey deroselbē sich addressiret / vorgebend /er wäre Page bey obgemeltem Hertzog gewesen /hätte sie in der Jugend gesehen / und alle Umbstände dergestalt erzehlet / daß die Gräffin ihm Glauben beygemessen: Worauff der Marquis[263] sich beklaget / daß er die Gräffin / als sie letztmahls in Pietmont gewesen /weil er sich eben in seinem Gouvernament auffgehalten nicht sprechen und ihrer Fräullein Tochter Heurath begehren können / weil ihm nun damahl das Glück gefehlet / und er indessen eine andere Frau gewonnen / welche im letzten Zügen läge / und aller Medicorum Meinung nach / keine Hoffnung mehr zu ihrer Genesung wäre! so ersuchte er sie auff dem Fall ihme ihre Tochter zu geben; welches sie aber / mit einiger Erfindung / ihm zwar abgeschlagen / aber wegen des vermeinten nahen Verwandnüß / alß ein emportement einer verliebten Jugend excusirte / und den Acces ins Hauß noch weiter vergönnete / ihm auch alle Ehre anthate. Dieser Marquis begehrte bey der Käyserl. Mayst. Audientz / zeigte aber zuvor seine Instruction Krafft / welcher er ein Regiment zu Pferd /3 Jahr in Ihr. Käyserl. Mayst. Dienste zu erhalten / offeriren solte / und gab vor / er hatte sein Creditio auß Unachtsamkeit im Hause vergessen; Wegen dieses annehmlichen Vortrags nun / ward er zur Audientz gelassen / worbey er den auch dieselbe Propostitiones hat; darauff hatte er auch bey beyden Käyserinnen und der Churfl. Braut Audienz / empfing gleicher Gestalt von dem Cardinal Ambassadeur von Spanien und Venedig die Contre-Visite / und weil er einsmahls bey dem Hn. Graffen Brandiß einen Stoß von dem Thür-Hüter bekommen / brachte er denselben auff Käyserl. Befehl in Arrest. Folgends begehrte er Audientz bey Ihr. Churfl. Durchl. von Bayern / und weil dieselbe noch nicht angekleidet waren / und die Audientz so fort nicht er erstatten konte / befand er sich offendirt /drohete derhalben einen Courier abzusenden / dahero ihm den Compliment gemachet / und solches excusiret wurde. Uber dieses[264] ließ er eine Käyserl. Livre machen / und ließ ihm durch des Printzen von Savoyen Bedienten am Käyserl. Hoffe auffwarten. Er spielete auch mit vornehme Dames / und verlohr 1000 Ducaten / wolte aber solche mit Bayrischen Ducatē bezahlen; Die Dames santen selbige wieder zurück und unter andern Damen wurde einer von solchē Ducaten nachmals 100 zugesand / mit dem erbieten / das Auffgeld nach zu senden. Dem Hn. Graff von Königs-Egg / hat der Marquis das Creditiv am Käyser unter den Savoyschen Wapen gezeiget / auch bey den Venetianischen Ambassadeur einen Rath / seinen Vasallen von Venedig mit seinen Train überbringen zu können / erlanget. Dem Spanischen Ambassadeur / hat er seine Instruction gezeiget / auch dessen Raht in allen gefraget / und erhalten. An den Hertzog von Savoyen / hat er auch einen Courier expediret / und von verschiedene Kauff-Leuthe 8000 Ducaten auffgenommen; Endlich aber auff einen Abend hat er sich verlohren / und haben ihm seine Diener folgenden Tages gesuchet / biß man endlich gemerckt / daß er sich auß dem Staube gemacht; sind demnach seinen Dienern die Kleider wieder außgezogen / und diejenigen gegeben / so ihm Geld geliehen / auch dem Petschierstecher / so ihm die Savoyischen Wapen gestochen /außgelachet worden.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 263-265.
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