CXXVII. Der falsche König von Portugal.

[267] Anno 1601 / hat sich ein verlauffener Münch auß Calabria von Teverna bürtig / vor den König Sebastian aus Portugal (der vor 20 Jahren in Africa von den Mauren erschlagen) außgegeben. Erstlich kam er nach Venedig / und begehrte beym Raht Audientz / daselbst erzehlete er den Verlauff seines Lebens / und wie seine Vorfahren nach einander in Portugal regieret hätten: Deßgleichen seine grosse Niederlage in Africa / und wie er sich in Calabria in ein einsahm Leben begeben / und ganz entschlossen gewesen were / sich nicht zu offenbahren / beydes / weil er sich seines Unglücks geschämet / und dann weil er seine grosse Unbesonnenheit / und Unvorsichtigkeit im geführeten Kriege straffte: Dafern ihm der Geist Gottes nicht eingegeben hätte daß er wieder in seinen vorfgen Standt / darinnen er gebohren were / gelangen würde. Daß er sich aber bey dem Raht zu Venedig zum aller ersten[267] angegeben / geschehe darumb / daß derselbe als höchst verständig am besten urtheilen würde von der Warheit seines Zustandes. Und damit sie ihm destomehr Glauben zustellen möchten / so erzehlete er mit allen Umbständen / und nennete sie mit Nahmen /was die Venetianer vor Gesandten zu ihrem Könige Sebastian ehemahlen geschicket / was ihre Werbung gewesen / was sie vor Bescheid mit von ihm nach Hause gebracht / und was darüber berahtschlaget worden. Der Raht von Venedig / so in allen Dingen gar behutsam gehet / ließ der Abgesandten an den König Sebastian Relationen auffsuchen / und funde alles gemäß / wie es erzehlet. Es waren ihm viel scharffsinnige und nachdenckliche Fragen vorgeleget /wegen seiner geführten Regierung / aber er war so resolut und unerschrocken in seiner Antwort / daß ihnen ihrer viel vor den rechten König Sebastianum hielten /andere aber vor einen Schwartzkünstler. Der Spanische Gesandter erhielt so viel / an statt seines Königes / daß er als ein Land-Bettrieger in gefängliche Hafft genommen ward / nackend außgezogen / und besehen / ob die Zeichen des Leibes / denen so man an den König Sebastian gemercket / zufinden: Man fand ihr wol 17 / welche entweder von Stann waren /oder auch wohl durch Kunst gezeuget / als / daß eine Hand längerwar als die ander / eine grosse Unterlefftzen / etc. Endlich / nachdem sie ihn lange Zeit gefangen gehalten / damit sie seiner loß wurden / schafften sie ihn innerhalb drey Tagen das Venedische Gebieth zu quitiren / oder sie wolten ihn auf die Galleeren schmieden lassen. Wie er nun wieder loß kam / begehrten etliche Portugieser / so zu Venedig wohneten / daß er doch mit ihnen reden wolte / ob seine Stimme des Königes Sebastiani Stimme / wie das Angesicht[268] zusagen möchte / er redete sie auff Portugisische sprachen mit gar Majestättischen Gebärden / also an: Machet euch keinen Zweiffel / lieben Kinder / daß ich nicht der unglückseelige König Sebastian aus Portugal sey / nicht daß ich meines Königreichs unwürdig /sondern der Sonnen Liecht und des Lebens / welches ich doch umb meines Volches Wolfarth willen salviret: indem ich mir für Augenstelle / was ich fürgenommen / daß ich wieder des Cardinals / meiner Mutter Bruder / des Königes Philippi / meiner Frau Mutter / der Königin und aller der Meinigen Raht / einen vertriebenen Heidnischen König den Mulei Hamed wieder einsetzen wollen / dadurch ich nur meine vergebliche Ehre und nicht die Fortpflantzung des Christl. Nahmens suchete / und damit ich solche Armee aufbrachte / meine Unterthanen mit grossen Schatzungen beleget / auch den Adel bey Verlust ihrer Privilegien und Lehnen mit zu ziehen zwang / die ich doch eines theils von Cadix wieder zurück schickete /indem ich mehr auf des Mulei Hameds Lügen / als der in Africa grossen Beystand finden würde / und meiner gröste Macht trauete / als auff meiner treuen Diener Raht. Und weil meine grosse Unbesonnenheit / so viel 1000 Menschen / die der Christenheit nützlich hätten dienen können / in Africa umbs Leben bracht / so habe ich keine Lustmehr zu Leben / und wolte gewünschet haben / daß ich schon längst der schwerlichen Bürde dieses Lebens benommen gewesen: Weil ich durch viel außgestanden Unglück gelernet / daß alle Menschliche Weißheit gegen Gott zum Narren wird /daß dieß / so er beschlossen / geschehen muß / bin ich nun gezwungen worden / außzugehen / wohin er mir befiehlet / und mich für diesen zu erkennen gegeben /so er wil / daß ich seyn soll. Als er dieses geredet /[269] fieng er an zu weinen / und machte daß alle Zuhörer auch weinen musten: Weil sie vermeinten / sie thäten GOtt und dem Vaterland einen Dienst daran / wenn sie ihren König in einen sicheren Orth verschafften /verkleideten ihn in Mönchs-Kleider / und führeten ihn nach Florentz / daß er desto sicherer nach Rom kommen möchte. Aber der Groß-Fürst ließ ihn gefänglich einziehen / und schickte ihn dem Vice-Roy von Neapolis zu / als er nun vor den Vice-Roy von Neapolis kam / erschien er ihm unerschrocken / und mit einer Heroischen und Majestätischen Gebärde. Wie er nun im Saal gieng / und noch ziemlich weit von dem Vice-Roy war / welcher vielleicht wegen grosser Hitze den Hut abgezogen / ruffet er mit heller Stimme: Graff von Lemos decket euch! Dieses redete er so ernsthafft und unerschrocken / daß alle Umbstehende sich entsetzen / der Vice-Roy antwortete: Wer hat dir Gewalt gegeben / mir zu befehlen? Er antwortet: Ich weiß gar wol / daß ihr der seyd (erinnert euch nur) den Konig Philippus meiner Frau Mutter Bruder zweymahl zu mir schickte / und von diesem Handel redete er so außführlich und umbständlich / daß er den Vice-Roy gar perplex machte / und der gemeine Pöbel gewiß dafür hielte / daß er die Warheit redete. Der Vice-Roy / sagte: daß er ein Land-Betrieger were. Diese Schmach thäte ihm so weh / daß er dem Vice-Roy wieder schmählichen begegnete / aber es konte ihm nicht helffen / daß er nicht in das Casteel d'Ovo gefänglich geführet ward / da er denn nichts anders ruffete / als man solte ihn in Portugal führen / und dem Volck zeigen / so würden ihn nicht allein Menschen /sondern auch Thiere und Steine vor den rechten König Sebastian aus Portugal erkennen. Endlich ist er auf die Galeeren geschmiedet worden.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 267-270.
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