CXXXIV. Der listige Ubelthäter.

[300] Ein Schelm wurde wegen eines Diebstücks / und Meineydes verurtheilet / daß man ihme die Zunge auß dem Rachen reissen solte. Er aber bathe die Richter gantz inständig / daß sie doch die Schärffe der Straffe in etwas lindern / und die Zungen-Abschneidung in der Beraubung beyder Ohren verwandeln möchten. Nachdem sich nun die Nichter erbitten lassen / machte sich der Scharffrichter bereit / die Execution und das Urtheil zu vollstrecken; Indem er ihm aber das Haubt entblösset / und die Haare beyseits thut / findet er / daß die Ohren allbereit wahren abgeschnitten worden / worüber der Umbstand zu hefftigen Lachen bewegt worden; Der leichtfertige Vogel selbst erfreuete sich hierüber heimlich / daß er durch solchen listigen Betrug aller Gefahr entgangen / wie ihn dann auch die Richter von aller fernerem Straffe frey sprachen.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 300-301.
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