CXXXVI. Der kluge Hertzog.

[302] Es hatte Heinrich der Hertzog zu Braunschweig zur Gemahlin Mariam / des Hertzogs von Würtenberg Schwester. Unter deren Frauen-Zimmer befande sich eine gar schöne junge von Adel / Nahmens[302] Eva Trottin. Derselben lage der Hertzog so lange an / biß er sie zu seinen Willen brachte / und unterschiedliche Kinder mit ihr zeugte. Damit nun die Sache nicht gar zu handgreifflich gemerckt werde / und er ihrer Liebe länger ungehindert geniessen möchte / redete er mit dieser seiner Beyschläfferin ab / sie solte sich stellen /als ob sie wieder nacher Hause reisen wolte / dannenhero er ihr auch hierzu Wagen / Pferde / und was zur Reise sonst nöthig ware / zukommen liesse. Als sie nun also hinweg zoge / und man nicht anders vermeinte / sie würde nun wieder sich nach Hause begeben / würde sie unvermerckt in ein Hertzogliches Schloß gebracht / daselbst ware der Pfleger schon von dem Hertzog unterrichtet worden / wessen er sich verhalten / und was er thun solte; Er verschaffte auch etliche Weibs Persohnen / denen der Hertzog sicherlich vertrauen dörffte. Etliche Tage hernach / als die Eva auff dem Schloß angelanget ware / legte sie sich zu Bette und stellte sich kranck; es hatte aber der Hertzog allbereit vorhero ein höltzernes Bild verfertigen lassen / welches eines todten Menschen-Haupt / Hals und Brust vorstellete: Die übrigen Theile des Leibes waren von Leinwand / so mit Aschen dicht angefüllet / also / daß sie gantz fest waren zubereitet. Dieses alles fügte man gar artlich zusammen / und zwar so ware der Leinwand also formiret / daß man sie auch über das Haupt ziehen / und dasselbe damit bedecken kunte. Alß nun der Leib auff solche Weise zugerichtet und eingewickelt war / legte man solchen auff die Erde / wie man mit todten Persohnen zu thun gewohnet. Darauff begab sich eine von den zugeordneten Weibs-Persohnen zum Pfleger oder Schloß-Verwalter / und deutete ihm an / die Eva sey eben itzo gestorben; welcher so fort eine Truhe verfertigen ließ / umb den[303] Leichnam darein zu legen; damit aber niemand möchte gar zu nahe zur vermeinten Leiche treten / so gabe man vor / es seye die Eva an der Pest verblichen / dannenhero man auch einen und andern Rauch von Wachholder-Beeren und andern Dingen machte / umb den üblen Geruch zu vertreiben. Nach dieser so artlichen Verrichtung wurde die Leich mit grossem Gepräng / nach der Franciscaner-Kirche gebracht / und daselbst beygesetzt. Bey diesen Exequien ware des Herzogs Gemahlin / mit allen ihrem Frauen-Zimmer und Hoff-Damen in Traurigkeit zu gegen. Da hingegen indessen die Eva auff dem Schloß Stauffenburg gesund / und in gutem Wolstande sich auffhielte. Zu welcher sich der Hertzog unterweilen verfügte / und von derselben Zeit an noch sieben Kinder mit ihr zeugte. Diese That des Hertzogen wurde unter andern dem Käyser von den protestirenden Ständen des Reichs auff dem Reichs-Tag zu Speier Anno 1544 erzehlet.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 302-304.
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