CXLIII. Der listige Chur-Fürst.

[310] Ein treffliches Kunst- oder Politisches Stücklein brauchte vor Zeiten Gerlach / der Ertz-Bischoff und Chur Fürst zu Mayntz / als er Adolphen den Grafen von Nassau / als seinen Vettern zum Käyser erwehlen wolte. Er wuste / daß unter den Chur-Fürsten[310] grosse Uneinigkeiten entstanden waren / und man doch einen und den andern derselben zum Haupt des Reichs allbereit vorgeschlagen hatte / oder noch vorschlagen wolte. Damit er nun solche Vorschläge insgesambt hintertreiben / und seinen selbst eignen Nutzen dardurch beförden möchte / handelte er mit etlichen Chur-Fürsten in geheim / und zwar mit einem jeden besonders / ohne Wissenschafft der andern gar listiger Weise / und zwar folgender Gestalt: Er sagte zum Böhmischen Wenceslao / es fielen fast alle Stimmen der Chur-Fürsten auff Albrecht den Hertzog von Oesterreich / als des Wentzels Haupt-Feind / doch wolle er / wann er sich auff den König Wenzeln gewiß verlassen dürffte / solche wohl gar glücklich hintertreiben. Nachdem er nun also den Böhmischen König überredet hatte / verfügte er sich zum Chur-Fürsten von Sachsen / und gabe ihm zu verstehen /wie daß sein Feind / der Hertzog von Braunschweig /der Vornehmste in der Wahl wäre; Zu Chur-Pfaltz sagte er / es stehet darauff / daß Wenzeslaus der König in Böhmen (deme Chur-Pfaltz dazumahls nicht gut währe) von andern in der Wahl begriffen / daß er wohl die Käyserl. Würde davon bringen möchte / wo mans nicht verhinderte. Indem er nun also eines jeden Chur-Fürsten Feind auff allerhand Weiß und Wege zu hemmen versprach / hatte er sie (die Chur-Fürsten) insgesamt hintergangē / indem er seinen Vettern /Graff Adolpff von Nassau / letzlich zum Käyser ernennet / den sie wohl insgesambt / wann er ihn gleich Anfangs ernennet hätte / wurden verworffen haben. Cuspinianus erzehlet die Sache in der Lebens-Beschreibung Adolpffs ein wenig anders / indem er meldet / es haben fast alle Chur-Fürsten ihre Stimmen dem Gerlach überlassen / mit diesem Beding / daß er ihren Feinden nicht beypflichten solte: Im übrigen möchte[311] er die gantze Sache nach seinem Gutdüncken und Wolgefallen einrichten.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 310-312.
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