CXLV. Die Bayrische Verschlagenheit.

[313] Weit schändlicher war jener Betrug / vermittelst dessen Henricus X. Bojus / mit dem Zunahmen der Hoffärtige oder Stoltze / Graffen Fridericum Bogium /seinen Feind und Widersacher gerne auß dem Weg geräumet hette. Es begehrte / nemblich Henrich /durch seinen Gesandten / von Graff Friderichen / daß er Zeit und Orth bestimmen wolte / umb die entstandene Feindschafften in der Güte zu vergleichen. Weil nun Friderich solch Anmuthen nicht gerne abschluge /als welches ihme vielmehr trefflich angenehm zu vernehmen war / als würde mit beyderseits Bewilligung das Kloster Zweyfalter zur Zusammenkunfft bestimmet. Friederich liesse ihm von keiner Hinterlist träumen / sondern verliesse sich vielmehr auff die Teutsche Treu und Redlichkeit / als daß er einen grossen Comitat zu sich genommen htteä; Heinrich aber stellete sich im Gegentheil mit einer grossen Menge Soldaten ein. Wie es nun das Ansehen hatte / so kamen sie auff guht Treu und Glauben zusammen / redeten friedlich mit einander / hielten Mahlzeit / und begaben sich darauff zur Nacht-Ruhe. Umb Mitternacht aber entstund[313] vor Friederichs Schlaff-Gemach ein hefftiger Tumult / da man nichts anders erschallen hörte / als man solte den Graffen zu todte schlagen. Was solte nun der gute Graff in einem so verzweiffelten Zustand anfangen? Er nam seine Zuflucht zu Gott / als welcher allem mächtig wäre / ihn auß der enstersten Lebens-Gefahr zu reissen. Indem er nun allenthalben Mittel und Weg suchet / dem Tode zu entrinnen / siehe / da würde ihm von Gott ein sonst nie beobachtes Thürlein gezeiget / aus welchem er sich in den nechsten Tempel / und dessen öberste Thurn-Spitze verfügte; Indessen fielen die Mörder ins Schlaff-Gemach / visitierten alle Winckel durch / und verwunderten sich entlich mit Erstaunen / wohin sich doch das von ihnen so hoch verlangte Wildprät möchte gewendet haben; Man durchgieng alle und jede Mönchs-Cellen / und andere Gemächer / ja so gar die aller verächtlichsten Oerter / allein alles vergebens und umbsonst; Friederich steckte indessen schlaffloß in der Thurm-Spitze / voller Furcht und Hoffnung. Unterdessen breitete sich das Gerücht von der angestelten Mordthat ziemlich weit aus / und kame nicht allein vor Friederichs Hoff-Gesinde / sondern auch fort weiter ausser dem Kloster-Gebieth vor seine guthe Freunde und Anverwanten / welche sich in aller Eile gewaffnet zusammen rottirten / und zu Vollstreckung der Rache auff den Weg machten. Der Tag war nunmehr angebrochen / und vermerckte Graff Friederich in seiner Thurn-Spitze / daß die Seinigen immer näher herbey eilten / dannenhero er ein Herz fassete /und den betrüglichen Heinrich von der Höhe also anredete. Feiner Hertzog / du hast wahrlich nicht wenig wieder Recht und Billigkeit gehandelt / daß du mich zwar friedlich hieher beruffen / aber gar schlechte Zeichen einer Friedfertigkeit[314] hast spühren lassen / indem du dich mehr feind- als freundlich erzeiget. Es hat dich auch von dieser schlimmen That weder die Ehrbarkeit eines guten Gerüchts / noch die nahe Verwandschafft / die zwischen uns sich ereignet / abgehalten. Damit es aber nicht das Ansehen haben müge /als ob ich Böses mit Bösem vergelten wolte / so erinnere ich dich freundlich / daß du von hinnen weichest / ehe dich die Meinigen / die ich allenthalben heran nahen sehe / hier antreffen mögen. Weil nun Henrich in der That die vorgerückte: Bezüchtigung nicht wiederlegen könte / wurde er vielmehr aus Scham als Furcht dahin gebracht / daß er sich / ohne fernere Seumung / hinweg begabe / und das Hasenpanier auffwarffe / verdiente also durch diese schändliche That /daß er neben dem Titul eines Stoltzen / auch billig und mit Recht der Betrügliche und Heimtückische solte gennet werden.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 313-315.
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