CLIX. Die listige Gegen-Betrug.

[354] Die Welt thut nicht was sie thun soll / sondern was sie thun kan / und bauet der auff Sand / der sich seiner Falschheit vertrauet welche GOtt ein Greis ist / und doch nicht lang bestehen kan / sondern zu schande machet / die darmit umbgehen / wie die folgende Erzehlung der wir den Titel deß Gegen-Betrug gegeben /mit mehrem lehren wird. Ein schlechter Spanischer Soldat hat sich zu Sevilla stattlich heraus gekleidet /mit einer güldene Ketten / Hutschnur und einem Kleinod auff dem Hute / einem vergüldten Rappier an der Seiten / grosse Kragen an den Händen und Halse /daß er also / wie ein gebutzte Aff herein getretten /und alle Schritte nach dem Circle abgemessen. Sein Knäbelbart war so spitzig als sein Sallet / und nichts höhers an ihm / als sein Gemüht. Das[354] Gold trug er auff den Hosen / aber keines darinnen / er und zween Reichsthaler giengen nicht durch eine Thür; Ja er verachtete die Thaler / weil sie von einem Thal den Nahmen hätten. Als nun dieser in der Kirchen neben eine verkapte Weibespersohn zu knien kommet / grüssen sie sich freundlichst / und weil sie eine weisse Hand sehen liesse und mit holdseligen Worten zu ihr zukommen bate / hat er nicht unterlassen / sich einzustellen / und diese Abendteur zu versuchen / nahme also in Obacht / wo ihre Behausung / und verlangte die Nacht / damit er nur erfahren möchte / wer dieß glückseelige Weib / das sich ihme zu dienen ergeben wolte. Als nun diese beyde zusammen kommen / und viel gravitetische Liebswort wechselten / vermeinte der Spanier / daß dieses ein ansehnliche und reiche heuraht für ihn / die Frau in dem Hauß vermeinte gleichfals diesen stattlichen Herrn zu erlangen / und war der Kauff unter diesen Beyden bald geschlossen /als er ihr seine güldene Ketten verehret / so / daß sie einen Mönchen beruffen / und sich miteinander trauen lassen; massen der Orten nicht gebräuchlich / daß man bey den Hochzeiten so grosse Bereitschafft und Begängnüß machet / wie in Teutschland. Das Hochzeit-Mahl war zu anderer Zeit verschoben / und war nun an dem / daß das Beylager solte gehalten werden / darzu Beyde wilfährig. Als aber die Braut zu Bette gehen wil / ziehet sie die falschen Haare von dem Haupt / und stehet so kahl da / als das Bild der Gelegenheit gemahlet wird; Bittet derwegen umb Verzeihung. Der Bräutigam sagte / daß seine Haar gleichfals also beschaffen / und leget solche auch von sich / zu deme were auch seine Huttschnur nur Meßing / also sagte die Braut / ist mein Gürtel nicht von Silber /sondern vom weissen Meßing / und die Brüste /[355] (welche sie mit der Hand aus dem Busen zohge) sind nur von Holtz. Der Fänderich wolte ferners sein Anliegen entdecken / und wiese ihr seine Fontanella / und weil beyde sich betrogen sahen / und einander nichts auffzurücken hatten / waren sie doch wol zu frieden / und legten sich zu Bette / befahrend / daß eines dem andern den Kauff wieder aufsagen möchte: dieses trieben sie etliche Tage und vermeinte der Herr Fänderich / er hatte eine reiche Frau / ob sie gleich nicht gar schön und jung von Jahren / befandt sich aber auch hierein betrogen.

Frau Steffana / also nennete sich dieses Weib / vermochte nicht mehr / als die Kleider / so sie an dem Halse getragen / und ob sie wol das Hauß mit aller Eingehör für das Ihre dargegeben / ist doch solches ihrer Frauen gewesen / welche mit ihrem Eheherrn über Land verreiset / und ihr das gantze Haußwesen zu getreuen Händen anvertrauet.

Eines Morgens / als diese Beyde zu Bette lagen /kommet der Herr und Frau wieder / und solcher Ankunfft wird durch die Dienerin angemeldet. Die listige Stephana beschwetzet ihren Mann / daß sie dieser ihrer Freundin das Hauß auff wenig Tage räumen /und ihr dardurch zu einer anständigen Heuraht helffen wolte / er solte sich inzwischen zu einer ihrer Gespielin begeben. Der Mann glaubt ihr zwar anfangs / als aber sein Weib mit der Ketten entflohen / fragte er in seinem vermeinten Hause nach / was für eine Beschaffenheit es mit dieser Stephana habe / wer sie seyne Man berichtet ihn mit der Warheit / daß sie eine Magd gewesen / und nun eine Betrügerin worden /und so wol vor ihrer Herrschafft / als ihrem Manne geflohen. Hierüber wurde er sehr bestürtzet / und tröstete sich doch darmit / daß seine Ketten nicht von Gold / sondern nur überguldter[356] Meßing gewesen; Danckte benebens Gott / daß das böse Pfand / welches er darum eingelöst / fäste gehabt / und dahin entgehen können / wo er nach zu lauffen nicht schuldig /ihme auch niemand aufferlegt / das zu suchen / was er nicht gerne wieder finden wolte. Also trifft Untreue ihren eignen Herrn / und wird der / so andre zu betrügen vermeint / betrogen / wie der Fuchs sich in seinem eignen Bau zu Zeiten fänget. Nachdem gemeinen Sprichwort sagt man / daß man mit Lügen und Listen müsse Heurahten stifften / selbe aber haben meistentheils einen bösen Ausgang / und können solche Leute / wann der Betrug entdecket ist / ein ander nicht mehr hold seyn / gleich wie einer der Wahre / so er zu theur eingekramt / und darmit betrogen worden / feind zu seyn pfleget / und mehrmals selbe nicht wol anschauen mag! Jener machte einen so genanten selbst-Schuß / welcher auß 2 Röhren bestehet / die man ladet und spannet / hernach in einem Wald an einen solchen Orth leget / da die reissende Thiere / als Wölffe / Füchse und dergleichen zu paßiren pflegen /damit sie / wann sie darüber einhergehen / auff die Chorde tretten / den Schneller rühren / und ihnen selber die tödtliche Bohne in den Leib jagen. Der jenige aber / so diesen Selb-schuß geleget / vermissete dessen / in Verfolgung eines stück Wildes / tratt drauff /und schosse ihm selber beyde Beine an Stücken. Er beschwerete sich / auß Antrieb der grossen Schmertzen / anfangs desfalß über andere / wie er aber ein wenig wieder zu ihm selber kam / erkante er / daß er ihm diese Falle selber geleget hatte: Dannenhero muste er schweigen und sich schämen / daß er in solchem Fall nicht fürsichtiger gewesen war.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 354-357.
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