CLXIII. Das gestohlne Pferd.

[370] Als bey Endigung des 1620 Jahr / der König in Franckreich aus Bäyern wieder zurück kam / begab sichs / daß ein fürnehmer Herr / so aus weiten Landen kommen war / zu Paris / umb Ihr. Königl. Maytt. zu sehen / anlangete; dieser wuste keine bessere Herberge / als nahe bey dem Königlichen Pallast zu suchen /damit er mit leichter Mühe den König sehen / und zu welcher Stund dero Königl. Maytt. außgehen möchte /erfahren könte / auff daß er sie begleite / und das Glück habe / so wohl zu Feld als auff der Jagt derselben zufolgen. Nun weil das Leib. Regiement neulichst ankommen / und sich auff der weiten Reiß / dahin die Rebellen in Franckreich Ihr. Maj. alles wiederumb in seinen Stand zubringen / gezwungen / sehr abgemattet hatte; Und nun die Soldaten Zeitwährenden solches 5 Monathlichen Auffhaltens / ihre Lust nicht gehabt /begaben sich viel unter ihnen auf das Rauben. Ja man durffte sich bey Tag in abgelegenen Gassen nicht antreffen lassen. In währendem solchem Trubel beschlossen zween Soldaten von Leib-Quardy / eben in dem Losament liegend / da der vorgesagte Herr sich auffhielt / ihn zu überfallen. Solches ward des andern Tages vollbracht / eben wie vorgemelter Herr bey Hoff ankommen war / dann nachdem er mit Ihrer Königl. Maj. auf die Jagd in das Gehöltz bey Vincennes geritten / geschahe es ungefehr / daß ein grosser Regen einfiel. Dannenhero / wie nun einer von diesen Soldaten wuste / daß dieser Herr in kurtzem kommen solte / sagte er zu seinem Gesellen / er verhoffte dieses Herrn Pferd / darauff er desselben[371] Tages geritten /zu überkommen / gieng deßwegen unter die Hallen /und kauffte einen Leinen-Rock / zog denselben an und als er das Geräusch von des gantzen Adels eylender Wiederkunfft hörete / wartete er an der Thür des Marstalls / eben da besagter Herr abstieg / und befahl einem seiner Laqueyen sein Pferd zu futtern. Der Laquey / sowohl / als sein Herr durchfeuchtet / war auch froh / daß er sich erfrischen solte / gab unserm Soldaten Befehl / Achtung auf das Pferd zu haben / vermeinende / er würde den Stall zu versehen / befehl haben. Der Soldat stellete sich / als wann er es versorgen wolte / begehrte Heu und Habern / und alles / was er haben muste: Wie nun solches angesponnen / kam er /seinem Gesellen Bericht zu geben / wo er ihn antreffen würde / darauff er von Stund an sich anmassete /ob wolte er das Pferd in dem Fluß träncken / wante sich aber auf die andere Seiten / sein Gesell folgete ihm nach und verliesseen ihren ersten Wirth / welcher ihre Zech noch an der Wand stehen hatte. Drey Stund gehen vorbey / daß unser Stallknecht nicht wieder kam / der Laquey vermeinte / er würde etwan zum Schmidt / etliche Eisen anzuschlagen / geritten sein /nachdem er aber langgenug gewartet / verspührete er daß man ihm das Pferd / welches mehr als 400 Cronen werth war / gestohlen; Er fragte den Wirth / wer sein Stallknecht wäre / der Wirth zeiget ihm denselben / und blieb hierauff gantz bestürtzet / er durffte es seinem Herrn nicht sagen / dieweil er ihm ein böses Trinckgeld gegeben hätte. Fassete demnach den Muht / davon zulauffen / stund den folgenden Tag früh auf /und damit er der bösen Tractirung / so ihm sein Herr würde haben aufftragen lassen / zu vor käme / machte er sich auff die Flucht. Der obbesagte Herr / dieweil er ein so gutes Pferd verlohren / meinete[372] / vor Unmuht zu zerspringen / dann er hatte den Laqueyen des Diebstalls wegen im Argwohn. Unterdessen hielten sich unsere Soldaten ein / und machten sich wol 14 Tag bey den Morasten des Tempels (wie der Orth genennet wird) mit dem Geld lustig / so sie auß dem Pferd gelöset / und dem Wirth / dabey sie lagen / umb zwey hundert Kronen zu kauff gegebē hatten. Dieser Zundel trieb sie an noch eine andere Rauberey zu begehen / in dem eines Tages ihrer einer in der Tempel-Gassen spatzieren gieng / traff er einen Laqueyen an /welcher ein Pferd in die Tränck ritte; Er fragte denselben / ob sein Pferd zu verkauffen wäre? Der ander /der von seinem Herrn Befehl hatte / besagtes Pferd zu verkauffen / gab ihm zur Antwort / wann er 80 Cronen darvor gebe / wolte er ihm das Pferd verkauffen. Als der Soldat das hörete / nahete er sich hinzu / begriff das Pferd / besahe es allenthalben / und stellete sich / als wann er gar wohl erfahren wäre / den Laqueyen / der auf das höchste 15 Jahr alt war / mit glatten Worten zu betriegen; Entlichen / als er ihn wohl besehen hatte / bat er den Laqueyen / daß er ihn wolte das Pferd reiten lassen / umb desto besser seinen Schritt zusehen / sagte auch / wofern er ihm guten Kauff geben wolte / wäre dieses eben vor ihn; Der Laquey steiget herab / den Soldaten das Pferd sehen zulassen / als aber dieser aufgesessen / ritte er das Pferd drey oder viermahl die Länge der Gassen auff und ab /entlich aber / wie er sich weitgnug von dem Laqueyen sahe / gab er dem Pferd etliche Streich mit der Spißruhten / und nahm die Post / wie der Laquey aber sahe / daß er nicht umbkehren wolte / fing er an / ihm nachzulauffen / aber umbsonst / sintemahl ihm der Soldat das Pferd[373] mit Gewalt hinweg nahme / und hörete man nachgehend nichts mehr von ihnen.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 370-374.
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