XX. Der verschlagene Bassa.

[30] Alhier wollen wir anführen einen verschlagenen Bassen von Algiers / der durch einen listigen Griff[30] einem andern seinen Sclaven ab und ihm selber / dadurch 8000 Kronen zugesprochen hat.

Ein Ritter auß dem fürnehmsten Geschlechte in Portugal / dem in der Beschreibung der verdeckte Nahme Oenophilo gegeben wird. Hatte mannigmahl seine Hänmit dem Degen in der Faust beygeleget; aber es auch dannenhero so weit gebracht / daß er /unangesehen seines Geschlechts und Qualitäten /zweymahl zum Tode verurtheilet worden / zweymahl aber durch die Wolredenheit seines Vorsprachs Gnade und Leben wieder erlanget hatte. Im Jahr 1539 Jahr ward er zum Drittenmahl beschuldiget / daß er einen nieder gemachet habe / weil er nun dem Gerichte nicht trauen dürffte / gieng er mit seiner Frauen zu Schiff / in willens nach Indien / (der Zuflucht aller Portugalischen Missethäter) zu reisen.

Nach einigen Tagen ward das Schiff von See-Räubern genommen / und Oenophilo ward sambt seiner Frauen an einen Mooren / Parino genennet / für Sclaven verkauffet / er machet aber mit seinen Herrn einen Vergleich wegen seiner Freyheit / dergestalt / daß seine Frau in Freyheit zurücke kehren / und das Löse- Geld senden; Er aber indessen als Sclave zu Burge bleiben solle. Die Frau reisete weg / Oenophilo lebte gleich den andern Sclaven / da reitzete ihn der Müssiggang zu böser Lust; den er verliebte sich in seines Herrn Frau / und erwartete Gelegenheit / ihr seine Liebe zu offenbahren.

Kurtz hierauff begab sichs / daß Oenophilo Kundschafft mit 2 Rittern von Maltha (welche Frantzosen /und dießmahl Sclaven wahren /) machte / welche Don Oenophilo für einen recht verständigen / auffrichtigen / wohlerzogenen[31] und beredeten Mann ansahen / und also sonderliche Freundschafft mit ihm hielten: Nöhtigten ihn also auff einen Trunck Weins / und strengeten ihn an / daß er Bescheid thun muste / welches er in Portugal nicht gewohnet gewesen. Wie er das Haupt voll Weins / und das Hertz voll Liebe hatte /gieng er gleich nach Hause / und fieng an seines Herrn Frauen auffzuwarten. Zu allem Unglück kam der Herr zu Hause / welcher alsofort Don Oenophilo anfiel / und einige gute Maulschellen gab. Don Oenophilo / welcher in seiner Sclaverey nicht klüger war /alß er in seiner Freyheit gewesen / bezahlte die Ohrfeigen mit gleicher Müntze / und unterließ nicht / eine gute Zinse dabey abzulegen.

Sein Herr / welcher nicht allein wegen der Schläge sehr entrüstet / sondern auch seines Weibes halber sehr vereyfert war / wolte diese beyde Affronten rächen / lieff also im Zorn nach des Bassa Pallast /klagte Don Oenophilo daselst an / mit Begehren / er möge nach Türckischem Gesetze lebendig verbrennet werden. Es ward alsofort den Chiausen oder Gerichts-Dienern befohlen / den Mißthäter für Gericht zu bringen / daß er sich verantwortete: Dem Befehl ward gehorsamet / und Oenophilo ward für den Bassa Ibraim Hozi gebracht / welcher ihn anredete: Du wirst beschuldiget / daß du einen Türcken / und welches das Meiste ist / deinen Herrn geschlagen / dannenhero mustu den Gesetzen dieses Landes zu folge / entweder dein Christenthum verläugnen / oder lebendig verbrennet werden. Don Oenophilo wolte zwar leugnen /und gab für / er habe nur die Schläge versetzet / und außgenommen / brachte auch einē Türcken / der zu seinem besten redete / zum Gezeugnüß: Es möchte aber nichts helffen / des Herrn Anklage ward für gnugsamen[32] Beweiß geachtet / also gab der Bassa ohne andere Ceremonien so fort das Urtheil: Oenophilo solte entweder ein Türck / oder lebendig verbrandt werden. Dieser Unglückseelige Mensch fand sich in grosser Angst / antwortete gleichwohl als ein guter Christ und tapfferer Ritter: Er wolle ein Christ leben und sterben / worauff so fort das Urtheil fiel: Er soll lebendig verbrennet werden. Es ward auch alles hiezu fertig gemachet / und die Chiausen brachten den Elendigen zum Thor hinauß / ihn zu verbrennen; wurden aber hieran durch folgendes gehindert.

Der Bassa / welcher geitzig / zugleich auch listig war / wolte auß dieser Sachen Vortheil suchen / stellete also dem Divan die Frage für: Ob nicht der Parino durch das außgesprochene Urtheil seines Sclavens verlustig sey / und sein Recht an demselbē verlohren habe? Diß könte niemand leugnen. Drauff sprach er ferner: Weil sich der Herr durch sein eigen Ansuchen seines Sclavens begeben hat / so folget; daß der Sclave dem grossen Herrn (dessen Persohn ich präsentire) heimgefallen sey. Weil nun derselbe Mache hat /einem verurtheilten Gnade zu ertheilen / so schencke ich diesem Sclaven in seinem Nahmen das Leben /worauß folget / daß der Sclave mir zukomme. Der Divan billigte solches / (den wer hat je gehöret / daß eine Krähe der andern ein Auge aushacke?) und Oenophilo ward unverhoffe vom Todt errettet. Sein Herr verlohr 6000 Reichsthlr. Hatte Ohrfeigen bekommen /und es selbst geoffenbahret / daß Oenophilo seine Stelle bey dem Weibe vertretten habe. Es ward Don Oenophilo alsofort in des Bassa Bain gebracht / woselbst er so lang an Ketten gelegen / biß der Bassa getödtet ward. Im 1643 Jahr ward er von Isouff Bassa gegen Erlegung 8000 Reichsthaler / loß gegeben.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 30-33.
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