CCIX. Die betrogene Einfalt.

[435] Ein einfältiger Mensch / welcher zu Paris einen Proceß hatte / wolte daselbsten eine Kammer in dem Wirtshauß zum Armbrust allein mieten / weil er viel Geld bey sich hatte / und nicht etwan unter die Beutelschneider gerahten mögte / botte derowegen dem Wirth noch eins so viel Geld / die Kammer allein zubehalten. Nachgehends kamen zween andre / welche sonsten jederzeit in dieser Kammer einzukehren pflegten / und wolten dieselbige wieder beziehen / der Wirth aber sagte ihnen die Ursach / warumb er solche einem andern eingeräumet hätte. Derowegen beschlossen sie dem andern einen Possen zuthun / und schriebe der eine mit grossen Buchstaben auff ein Papier: Ich bin in den Armbrust zur Herberge /[435] und hefftete es dem andern gantz heimlich auf den Mantel. Als er nun auf der Strassen gienge / finge jederman an zulesen. Ich bin in dem Armbrust zur Herberg. Dieser kehrte sich herumb und sagte / er wäre auch daselbsten Losiree. Dieweil aber dieses so viel Persohnen zu ihm sagten / vermeinte er / es wären alle Beutelschneider in seinem Wirtshauß zur Herberg: Gienge derowegen nach Hauß / bezahlte seinen Wirth / und suchte eine andere Gelegenheit. Hierdurch überkamen die andere beyde wieder ihr voriges Zimmer.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 435-436.
Lizenz:
Kategorien: