XXI. Das falsche Gespenst.

[33] In einer freyen Reichs-Stadt ist vor nicht gar vielen Jahren von einer abgefäunten Magd ein solches List-Stücklein practisiret worden / welche etliche Soldaten / bey Nächtlicher Weil / in ihres Herrn (eines Doctors) Behausung eingelassen und selbige in weissen Hembden dem auffgewecktem Herrn und der Frauen gezeiget. Diese meinten nicht anders / dann es wären greuliche Gespenster: Hatten also das Hertz nicht /herfür zu gehen / und den Gespenstern recht unters Gesicht zu sehen; besondern musten etliche Nächte nach einander / sich in ihren Schlaffkammern enthalten / und weitlichen Schwitzen / für lauter Oracul annehmende / was ihnen diese Sibylla vor Bescheid und Nachricht / von denen angeregten Gespenstern ertheilte / als unterdessen die betriegliche Magd mit den Gespenstern Buhle / in der Stuben tantzte / und die Kästen und Käller im Hause visitiren halff. Endlich betrog sie ihren Herrn und Frau mit der Warheit; Sagte: Es wäre lauter Betrug / und musten nur Diebe seyn; (wie es den auch waren) mit denen sie sich hefftig herumb getummelt: und hette einer sie gar umbs Leben bringen / zween andere aber solches verwehren wollen; Darüber sie aneinander gerathen / und sich jämmerlich selbst zerfetzt und verwundet hätten. Gestaltsahm die Arglistige diese Wercke der Finsternüß und erlogene Märlein desto scheinbahrer zu machen /hin und wieder auff dem Pflaster etliche Tropffen von Ochsen-Blut vergossen / dazu Menschen-Haare gestreuet hatte / als wehren sie aus dem Kopff gerissen.[34]

Jedoch / als das Kind mit der Zeit / die Warheit ans Liecht gebohren / und man etliche gestohlne Sachen /unter ihrem Gerähte gefunden: Ist sie eingezogen /und weil ihr frommer Herr selbst dafür gebeten / daß man sie nicht am Leben straffe / mit einem Staub-Schilling begnadigt worden.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 33-35.
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