CCXVI. Der glückseelige Bastard.

[460] Man erfähret nicht nur bey schlechter und geringer Leute Töchtern / daß sie die Katz über den Käß lassen / sondern man siehet eben dergleichen an vornehmen Häusern / dessen dann eines Edelmans Tochter ein Zeugnüß geben kan / die sich von einen jungen Kerln beschlaffen lassen / der zwar gegen sie zurechnen / sehr arm aber von schöner Leibsgestalt / und mit gutem Verstand begabt gewesen / welches dann veruhrsachet / daß dieser die gute Neigung / so sie zu ihm getragen / nicht gemercket haben solte / dannenhero er alle Gelegenheit ihr auffzuwarten gesucht /umb ihr seine Liebe gegen sie ebenmäßig zu entdecken / dergestalt / daß sie durch ihre stetige Besuchungen / so vertraulich mit einander worden / daß nichts mehr gemangelt / als ein Mittel zu ersinnen / wie sie beyde in Geheim zusammen kommen möchten / welches ihnen dann nicht schwer gefallen / weil dieser Jungfrauen Cammer in des jungen Kerls seines Vaters Garten hinaußgangen. Diese gute Bequemlichkeit nun machte / daß sie offt beysammen geschlaffen. Solches währete aber nicht lang / daß sie sich nicht schwanger befunden hätte / deßwegen sie ihr ihres Vaters Mägden eine günstig gemacht / und weil sie wol wuste /daß sie verschwiegen war / offenbahrte sie ihr ihren begangenen Fehler / und versprach ihr eine gute Verehrung /[460] wann sie machen würde / daß es ihrem Vater nicht zu Ohren käme / und war das Beste für diese gute Tröpffin / daß sie keine Mutter mehr hatte / welches ihr dann grosse Bequemlichkeit gab / ihren Schandflecken zu verbergen. Wie nun die Zeit / daß sie bald niederkommen solte / herbey nahete / machte sie sich bey zwey oder drey Monahten kranck / unterdessen aber gieng die Magd zu einer Hebam / und erzehlete ihr den gantzen Handel. Diese / weil sie sahe /daß da etwas zugewinnen wäre / versprach ihr allen Beystand / welche / der geschwängerten Jungfrau Willen zu vollbringen / sich für der Magd Baase außgab / und sie offt besuchte / auch so lang bey ihr schlieff / biß die Zeit herbey kommen / daß sie eines schönen jungen Knabens genesen. Nachdem sie also entbunden / gab sie das Kind unter der Hebammen Hand / und befahl ihr solches tauffen zulassen / und fleißige Sorge für dasselbe zu tragen. Dieses alles geschahe / daß ihr Vater im geringsten nichts darvon erfahren / der / als er sahe / daß es mit seiner Tochter wieder besser worden / und vermeinete / daß ihr die Kranckheit daher kommen / weil sie keinen Mann hätte / gab er ihr einen nach ihrem Stand. Nachdem sie aber eine Zeitlang verheurahtet gewesen / und gesehen / daß sie von ihrem Hanrey keine Kinder bekommen konte / bate sie die Hebamme / daß sie ihr offt Zeitung von ihrem jungen Sohn bringen / und ihn in ihr Hauß tragen / jedoch es also machen solte / daß ihr Mann den Possen nicht merckte. Die Hebam gab zu ihren Anschlag / wie sie es mit einander machen wolen zu vernehmen / und gieng zu einer armen Frauen / die sie wol kennete / gab ihr das Kind / unterrichtete sie in allem was sie zu thun hätte. Diese kam nun alle Tage mit dem Kind für dieser jungen Frauen Thür / und forderte[461] ein Allmosen. Einsmahls als sie beede unter der Thür stunden / kam diese arme Frau und begehrte ein Allmosen von ihnen: Wie nun diese junge Frau ihren Mann wol auffgeräumet sahe / sagte sie zu ihm. Sehet mein lieber Mann / wie dieses so ein schöner junger Knab ist / und weil wir keine Kinder mit einander haben / so wolte ich / wann mir diese arme Frau das Ihrige geben wolte / es wie mein eigen Kind auferziehen / und für meinē Page halten. Der Mann gab seinen Willen darein / und sagte / er seye dessen wohl zufrieden / wann die arme Frau drein willigen wolte. Sie fragte dieselbe / die arme Frau aber / so sich stellete / als wann es ihr sehr leyd umb ihr Kind wäre / gabs ihr entlich / und sagte / daß sie die gröste Noht und Armuth darzu triebe. Auff solche weise bekam diese junge Frau ihren Sohn wieder zu sich /und darff man sich nicht darüber verwundern / wann sie ihn als ihr eigen Kind geliebet.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 460-462.
Lizenz:
Kategorien: