CCXXX. Der Blutgierige Räuber.

[516] Frantz Dornandes und Hanß Langlois waren nahe bey Gergean / einer Stadt im Lande Solagne bürtig / und hatten ihre Jugend im Savoyschen Krieg zu gebracht /diese hatten nicht weit von Mont-Valerien ihr Gottloses Wesen / raubeten und mordeten. Die Wälder dieneten ihnen anstatt eines Auffenthalts / und die Hölen zum Läger / da sie Tag und Nacht tausenderley Tyranney wieder die vorüber passirende verübeten / das Geschrey ihrer Grausamkeit machte die Bauern furchtsam / daß sie nicht getraueten / sich derselben Gegend zu nähern: nur die Münche von Monden / die nicht weit davon sind / dürfften sicher durchgehen. Dornandes wäre nie aus seiner Hölen kommen / wann sein Gesell / der nichts mehr liebte / als mit Blut sich zusättigen / ihn überredet hätte / einen Strich ins Feld zuthun; Kamen also miteinander auff der Seiten des Flusses Seyne / Beute zusuchen / da sie dann ungefehr eine halbe Meil von S. Clou 2 Franciscaner antraffen /welche / nachdem sie sich verirret / und wegen deß herbey rückenden Abends Paris nicht erreichen konten / nach dem Weg fragten / der nach Monden / eines von den berühmbsten Capuciner Kloster / gienge: Langlois sagte seinem Gesellen / daß er diese Münche ermorden wolle.[516] Dornandes verwiese ihm / wie er so wenig Gewissen hätte / eine solche That zu vollbringen / da man je nichts grosses bey ihnen finden könte. Solche Erinnerung konte jedoch nichts bey ihm außrichten: Er wante sich zu ihnen / und sagte / daß er sie auff den rechten wegführen wolte / angesehen / er auch des Orts hingehen wolte. Diese bedancken sich zum höchsten der Mühe / so sie ihrentwegen auff sich nehmen wolten. Langlois führete sie in eine Höle /und stehet im Zweiffel / was er thun soll. Entlichen aber bewogen durch das Bitten Dornandes / welcher dem Tode besagter Geistlichen nicht unterschreiben konte / sagte er ihnen gantz rasend / daß sie musten die Kutten außziehen. Die Meynung Langlois war eben nicht / sie zu berauben / sondern er hatte ihre Kutten zu etwas weiters verordnet / nemblich zu einer Gelegenheit / da er seinen Nutzen schaffen konte /Dornandes / der seine Meynung nicht verstundt / baht in zum öfftern / daß er die gute Patres wolte gehen lassen: Er aber / der sich eines guten Fortgangs ihres Raubs dadurch versichert hielte / wolte niemanden seinem Raht folgen. Nachdem führete er sie aus dem Gehöltz / und zeigte ihnen den Weg nach S. Clou / da sie wegen eingefallener Nacht herbergen musten /weit entlegen von dem / so sie ihnen anfänglich eingebildet hatten. Nachdem nun Langlois und Dornandes in ihrer Hölen wahren / fieng Langlois an seinem Gesellen die Ursach zu erklären / warumb er den Franciscanern die Kleider genommen / und sagte / daß er verhoffte / eine gute Beute durch deren Mittel zu erlangen. Ihr wisset / sagte er / daß von hier nicht weit ist nach Argentevil / ich bin der Meinung / daß wir diese Kleider nehmen / und uns stellen / als wären wir Münche / wollen also nach Argentevil gehen / da ich neulich einen[517] vergüldeten Kelch gesehen habe: Ich versichere euch / das Werck so wohl außzurichten /daß ich denselben davon bringe. Dornandes gab ihm zur Antwort: Das ist warlich ein gefährlicher Anschlag / jedoch wann wir dessen Vollziehung sehen können / wird es uns ein Weg seyn / noch wohl andere im künfftigen ins Werck zu richten. Hierauff machen sie den Schluß / sich dieses Funds zugebrauchen / des Abends zogen sie den Rock der Franciscaner an / und begaben sich nach Argentevil / daselbsten in des Priesters Hauß zuschlaffen / welcher glaubte / daß es Geistliche wären / die ihres Wegs dadurch wanderten / und nahme sie auff mit allen Zeichen der Freundschafft / so man denen ihres Ordens hätte erweisen können / dieser so freye Zutritt gab ihnen gute Hoffnung ihres Vorhabens. Wie sie nun des Nachts bey einander lagen / berahtschlagten sie / ob sie den Pfaffen solten ermorden / damit sie seinen Reichthumb davon bringen möchten. Dieses Vorhaben war jedoch zu Wasser / wegen der Hoffnung / so sie hatten auff den Morgen den vergüldeten Kelch zu bekommen. Da nun der Morgen angebrochen / stunden unsere vermeinte Geistlichen umb 4 Uhr auff / unterm Schein der Andacht / und kamen an des Pfaffen Kammer / da sie ihm sagten / sie wolten Meß lesen vor ihrem Abreisen / der Pfaff / der ihm dergleichen Untreu nimmermehr eingebildet / gab ihnen den Schlüssel zum Meßgewand und zum Kelch. Diese gehen in die Kirche / da ihnen niemand hinderlich seyn konte in ihrem Anschlag / Langlois machte den Kasten auff / darinnen aller Zieraht war / und beladet seinen Gesellen mit allem / was er dienliches in besagter Kirchen mit nehmen konte. Also machten sich diese zween Gesellen davon / das war aber nicht die letzte That / sondern betrogen viel andere[518] auff solche weiß im Vexinischen Bezirck / und umb Ponthoise her / biß sie nahe bey Orleans ergriffen / und in bemelter Stadt hingerichtet wurden.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 516-519.
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