CCXXXV. Der Mißlungene Betrug.

[534] Ein Einfältiger und ein Boßhaffter giengen mit einander über Feld / funden einen Sack voll mit Gold und Silber; nahmen denselben und gienge darmit nach Hause: Und als sie nahe zu der Stadt kamen / sprach der Einfältige: Es ist Zeit / daß wir unsern Schatz theilen / damit ein jedweder seinen gebührenden Antheil nehme; Der Boßhafftige antwortet ihm: Ich wil thun was du wilt; Aber mir ist eben / so wir das Geld theilen / als wann wir unsere anitzo lang in unserer Armuht gehabte Freundschafft auch mit einander theilen / und daß wir uns zu der Zeit dieses Glücks nicht scheiden solten / derowegen were es besser / wenn jeder etwas Gelds zu seiner Nohtturfft zu ihm genommen / und wir das übrige etwan daherumb vergraben hätten / und wann wir mangelten / daß wir allwegen miteinander etwas davon nehmen. Der Einfältige ließ sich von diesem Schalcke bereden / und es nahm jeder etliches Gelds; das ander vergruben sie bey dem Stamm eines gar grossen Baumes: Aber[534] der Boshaftige gieng stracks den andern Tag hin / und stahl den Schatz. Uber etliche Tage kamen beyde zusammen /sagende / wie sie Geld mangelten / und etliche Schulden bezahlen musten / suchten ihren Schatz / und da sie gar nichts funden / stellte sich der Boßhafftige /als ob er von Sinnen kommen wolte / schalt seinen einfältigen Gesellen einen Dieb / sagende: daß niemand anders / als er / solchen Schatz könne gestohlen habe: sintemahl sonsten niemand davon gewust hätte. Der Einfältige wolte sich entschuldigen / aber es war umbsonst; der Schalck zoge die Sache vor den Richter; Welcher fragte / ob jemand darbey gewesen / als sie den Schatz vergraben? Da sprach der Boßhafftige: Herr Richter / dieser Baum / zwischen welches Wurtzeln wir den Schatz vergraben haben / ist darbey gewesen; Der kan darumb Kundschafft geben: Und ich begehre / daß er hierüber gefragt werde: Der Richter verhieß / den nechstfolgenden Tag / an demselbigen Orte zu erscheinen / und sie solten sich auff die bestimbte Stund dorten befinden. Dem Boßhafftigen gefiel die Meinung wol / dann er hatte sich schon über die Sache bedacht / und einen Anschlag mit seinem Vater gemacht / daß derselbige sich in dem Baum (welcher inwendig hol / und unten einen Einschlupff hatte) verbergen solte; Damit / wann der Richter den Baum fragte / er darauf antworten könte; Wie der Einfältige den Schatz gestohlen hätte: Der Vater beschwerte sich zwar umb etwas / weil er aber nicht viel besser war / als der Sohn / schloffe er zu Nachts hinein. Da nun des andern Tages der Richter mit seinen Ambtleuten kam / da wahren auch die Partheyen und viel Volcks schon dar / und der Richter verhörte die Partheyen; Darnach richtet er sich auch gegen den Baum / und fragte ihn mit lauter Stimme;[535] Wer den Schatz gestohlen hätte? Der Alte so in den Baum verborgen war / antwortete und sagte / daß ihn der einfältige Mann (den er mit Nahmen nante) gestohlen hätte. Wie sich Männiglich hierob verwundert habe / ist leicht zu gedencken; Aber der Richter / da er sich ein wenig erholete / zweiffelte alsobald / daß ein Betrug in der Sache were / befahl deßwegen / viel dürres Holtz umb den Baum zu legen / und dasselbige anzuzünden: Dann er gedachte / were ein guter Geist in diesem Baume / so würde ihm das Feuer nicht schaden; So dann ein Betrug verhanden sey / würde derselbige damit auch offenbahret werden; Wie dann beschah; Dann so bald der Alte im Baume angefangen die Hitze und den Rauch zu empfinden / fieng er an Mordfeurio zuschreihen / und umb Gnade und Barmhertzigkeit zu bitten: Da ließ der Richter das Feuer löschen / und den Alten heraus ziehen / der war so voller Schweiß und Rauch / daß man ihn kümmerlich noch erkante / welcher den erzehlet / wie sich der gantze Handel verloffen; Da straffte der Richter den Sohn und Vater / und urtheilte den gantzen Schatz dem einfältigen Manne zu. Also schlägt Untreu seinen eignen Herrn! Denn wer den andern betreuget / der macht einen Sack / darinnen er sich selbst wird fangen.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 534-536.
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