XXV. Der listig-bestohlne Käyser.

[42] Jener vermessene Dieb dürffte dem niemahls gnug gerühmten Käyser Carolo V. vor seinen Augen die Tapeten hinweg stehlen. Dann alß er vernommen / daß alle Hoff- und Kammer-Diener / auff Befehl Ih. Käyserl. Mayst. sich fertig machten zubevorstehender Reise / und ein jeder das Seinige beschicken thäte; nam er die Gelegenheit war / und gieng gar ins Käysers Gemach / sehend / daß daselbst wenig Bediente verhanden / die umb Seine Mayst. auff die Reise selbige anzulegen / geschäfftig waren. Erstlich trat er hinzu / und machte mit gebogenen Knien / wie zu Hoff gebräuchlich / dem Käyser eine Reverentz; fing darauff an die angeschlagene Teppicht / mit grosser Eylfertigkeit herab zu nehmen / und gar sauber und hurtig in ein Bündlein zusammen zu wickeln / so daß der Käyser und die bey ihm waren / selbst zusahen. Ob er nun gleich vor dem niemahln diese Raben-Kunst geübt; gieng er doch mit dem Handwerck so meisterlich / und ohn allen Argwohn / umb / daß er alle Tapezereyen hinweg bekam / und den ordentlichen Auffheber derselbigen / welcher eben damals in andern Verrichtungen gewest / aller Mühe gäntzlich überhebte. Laß mir das einen listigen und unverschämten Dieb seyn.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 42.
Lizenz:
Kategorien: