CCLVI. Der arme Freyer.

[562] Alle Freyer sind reich und alle Gefangene Arm / sagt das Sprichwort. In einen wohl bekandten Städlein war ein guter armer Gesell / unter dem Hüttlein nicht zum besten verwahret / der macht ihm seine Gedancken nach eines reichen Bauern Tochter in einem nicht weit gelegenen Dorff / und läst deßwegen umb sie bey ihren Eltern werben. Die Leuthe wissen umb dessen Thun und[562] Lassen / Haab und Nahrung nichts / geben den Bescheid / sie hetten in der Stadt einen Vetter /der were der und der / welche sie nahmhafft machten /zu selbigem wolten sie künfftige Woche gehen / und sich bey ihm Raths erholen / und was er ihnen den rathen würde / solchem wolten sie nach kommē / und alsdan ihm die Antwort wissen lassen. Was geschicht? dieser Freyer findet sich bald zu dem Bürgersmann / der zu allem glück sein Nachbahr war /zeigete ihm an / daß seine Freunde würden kommen /und seinentwegen ihn befragen / wolte demnach ihm fleissig ersucht und gebeten haben / daß er doch seiner im aller besten gedencken möchte / den jetzt stunde ihm das Glück vor der Thür / er solte ihm folgends hierin helffen / er wolte solches die Tage seines Lebens nicht vergessen / und ihm wiederumb dienen /wo er nur könte und wüste. Der Nachbahr saget: Mein lieber Hanß / du weist / wie dein Handel stehet /das sind reiche Leute / wir werden es gar klug müssen angreiffen / doch wollen wir sehen wie ihm zu thun. Als nun die Zeit herbey kam / findet sich die Jungfer Hochzeiterin nebst ihrem Vatter / Mutter und gantzen Freundschafft bey obgedachten ihren Vetter ein / der weiß schon was ihre Ankunfft bedeutet / schickt alsobalden hinzu dem der Hochzeiter sein soll / und da er kombt / sperret er ihn unten in seine Bad-Stube / und lässet dapffer einhitzen / saget: Mein lieber Hanß /jetzt mustu folgen / was ich dich heisse: Setze dich dahin / und nimb diesen Topff voll Milch / wie auch das Körblein mit Weck / und brocke fein säuberlich ein / und da hastu einen neuen Pfenning / den nim zwischen die Finger / halt ihn fest damit er dir nicht entfalle / und gedulde dich also in dieser Hitze eine kleine Zeit / ich will nun hören / was ihr begehren /sey. Dieser thut / wie er geheissen war / brockte dapffe[563] ein / und hielte am Pfenning / daß er schier von Hitz und Schweiß ersticket wäre. Der Hauß-Herr steiget die Stiegen hinauff / heisset den frembden Vettern erst recht willkommen sein / und bittet sich zu setzen. Der wil nicht sitzen / auch ehender keinen Trunck thun / biß er vorhero vermeldet / aus was Ursachen sie zu ihm kommen. Fängt demnach an zu erzehlen /wie sich eine Sach machen wolle zwischen Gretgen seiner Tochter / und dem Hansen. Nun habe seine Tochter zwar keine böse Lust zu ihm / allein er wolte gerne vorhero wissen / wie es sonsten mit ihm stehe /was sein Thun und lassen / und seine Nahrung ohngefehr sey / darvon er ihm doch im Vertrauen in etwas Nachricht geben möchte. Der Stadt-Vetter antwortet fein sitsam und mit sonderbahrer Bescheidenheit nachfolgendes Inhalts: Er hette sich niemahls umb des guten Gesellens Handel und Wandel / noch viel weniger umb sein Hauß-Wesen und Nahrung viel bekümmert / den er gar nicht im Brauch / daß er nach anderer Leuthe Handtierung fragte / er habe mit sich selbst genug zu thun / jedoch sey ihm guter massen wissend / wie es jetzunder und zu der Zeit mit ihm beschaffen /wolle ihm auch solches im freund vetterlichen Vertrauen nicht verhalten: Der Mensch sitzet warm. Daß gefiehl dem Bauern wohl / und gedachte / so kombt seine Tochter auch in ein warm Nest. Der Vetter fuhr weiter forth / und sagte: Ja wohl / was soll ich sagen? der Hanß der hat einzubrocken. Deß ward die Mutter höchlich erfreuet / und die Tochter schmuntzelte über einen Zahn / daß man die andern alle sahe / und was noch mehr ist / so hat er auch einen feinen Pfenning in der Hand. Da ward der Kauff gemacht. Bald darauff kam Hanß aus der Badstuben / so rößlich / daß es eine Lust war / ihn an zu sehen /[564] geschwind mit ihm hinter den Tisch / Weinkauff getruncken / und damit kein böses Geschwätz darzu käme / des dritten Tages gleich außgeruffen / und alsoforth Hochzeit gemacht. Aber daß war mir ein Feines Stücklein / eines vertrauten Vettern. Die Welt will ja betrogen seyn.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 562-565.
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