XXVI. Der fertig bestohlene Cardinal.

[42] Dem hätte / weil er dem Käyser bestohlen / die Ehre[42] gebührt / über alle andere Diebe zu hangē. Doch weiß ich nicht / ob ihm derjenige ein Haar breyt / an List /weichen würde / der dem König von Franckreich / Francisco I. einen kurtzweiligen Possen gerissen. Mitten unter der Messe / die man damahls mit grosser Solennität celebrirte / nahete sich ein gar prächtig gekleideter Seckel-Besucher zum Cardinal von Lottringen / und entwendete ihm heimlich etwas auß seinem Beutel. Weil er aber in acht genommen / daß es niemand gemerckt / ohn allein der König / der gar steiff dahin gesehen hatte / ließ er sich doch solches gar nicht abschrecken; sondern lächelte dem König freundlich zu / und winckte ihm mit einem Finger / er solte schweigen; gleich geschehe dieses in Schertz. Der König / als ein lustiger und kurtzweilliebender Herr / vermeinete nicht anders / dann es wäre ein bey Hoff nicht ungemeiner höfflicher Poß: stellete sich demnach / als hatte er diesen Diebstall nicht gesehen. Nach geendigter Messe aber verlangte ihn / den Handel recht zu wissen / und gab dem Cardinal / unterm Gespräch anlässige Rede / nach seinem Beutel zu sehen. Als nun dieser nicht fand / was er da hinein gelegt / und deßwegen sehr bestürtzt wurde; hub der König / der alles hatte angesehen / und nur jetzo Ursache zu schertzen gesucht / noch viel hefftiger an zu lachen. Entlich aber / nachdem er sich eine gute Weile am Gelächter ersättiget / und gnug damit ergetzet /nunmehr aber ihm ernstliche Geschäffte zu Handen stiessen: Befahl er / man solte dem Cardinal wieder zustellen / was ihm / Angesichts seiner / wäre hinweg genommen: Sintemahl er noch in der Meynung beharrete / es hätte irgend ein edler Höffling in Schertz /und mit dem Vorsatz wieder zugeben entnommen /weil ihn die stattliche Kleidung des Diebs verführet. Aber dieß Galgen-Vögelein war längst davon geflogen; und kam so wenig wieder /[43] als des Noe Raben zum Kasten. Hernach wie man erfahren / daß ein alter Ertz-Dieb / in adelicher Hofftracht / auffgezogen kommen / und das Gold hinweg gepartiret; und sich der Cardinal höchlich verwundert / warumb der König / der sonst ein Liebhaber der Gerechtigkeit / an dieser / und zwar in der Kirchen / unter der Messe /begangenen Dieberey / sich so sehr ergetzte: Da sind dem guten König erst recht die Augen auffgangen /also daß er die Kühnheit des Diebes verfluchet / und den Handel gründlich erzehlet / wie er bey sehenden Augen hetrogen worden; Auch endlich geschworen / que c'estvit la premiere fois, q'un larron l'avoit voulu faire Compagnon: Es sey daß erste mal / daß ein Dieb mit ihm Vertraulichkeit und Cammeradschafft stifften wollen.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 42-44.
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