XXXIII. Die betrogene Fürsichtigkeit.

[53] In der Stadt Meyland hat vor etlichen Jahren einer dem andern eine Dublone auß dem Maul gestohlen /welches folgender Gestalt zugangen ist: Ein Herrn-Diener oder Einkäuffer hatte von seinem Herrn eine Dublone empfangen die Nothwendigkeiten für den Haußgebrauch zu kauffen / solchen hat der Einkauffer bey des Ertz-Bischopffs Wohnung / (da solche Hauß-Sachen feil gehalten werden) auff dem Platz auff der Hand hin und her geballet / und seine kurtzweil damit getrieben; etliche wol gekleidete Spitzbuben oder Beutelschneider[53] haben solches war genommen / und dieser Dublonen allerhand Fallen gerichtet / endlich ist einer dieser Seckel-Finder zu dem Einkäuffer gangen / und ihme zugesprochen / er solle das Geld nicht also vor Männiglichen sehen lassen / er möchte leichtlich durch böse Buben dessen beraubt werden / darüber er seinem Herrn schlechte Rechnung bringen würde; Darauff der Einkäuffer sich vernehmen lassen / er wolte die Dublone wol an einem Orth behalten /daß ihme solche niemand stehlen würde / damit schob er sie in das Maul / darauff gieng der Spitzbub hinweg / erzehlt es seinen Gesellen / wohin der Einkäuffer die Dublone behalten; alsobald nahm ein anderer von ihnen etliche Dublonen und etwas Müntz in die Hand / gieng stracks bey dem Einkäuffer durch / als ob er da fürüber wolte / und da er zu demselben kam /stolperte er / und fält das Geld / so er in Händen hatte / alles an den Boden / dessen er sich sehr übel erhub /bate den Einkäuffer / er wolte ihm helffen das Geld zusammen lesen und auffklauben / welches er willig thät / wie er ihme dann etlich Stück auffgehoben und zugestellt hat / darzwischen aber viel Volcks hinzu lief / umb zusehen / was da wäre / da beklagt sich der Spitzbub / wie ihm noch ein Dublon mangelte und abginge / worüber die Leuth noch mehr auff der Gassen suchten / und doch nichts funden / darumb sie den Spitzbuben fragten / wer ihme geholffen das Geld auffheben? Er antwortet / niemand / dann dieser Einkäuffer / darauff die Leuth dem Einkäuffer zugesprochen / so er die Dublone gefunden / solle er sie dem guten Gesellen zustellen / aber der Einkäuffer läugnet / konte doch wegen im Mund habender eygenen Dublon kümmerlich reden / da sprach der Spitzbube zu den Umbstehenden; sehet ihr Herrn / dieser Einkäuffer hat gewiß etwas in das Maul geschoben / dann[54] er ja nicht recht reden wil / da hiessen die Leuth den Einkäuffer das Maul auffthun / dessen er sich sperret /ward ihme also das Maul mit Gewalt auffgebrochen /ein Dublon gesunden / und er dafür gehalten / als hätte er dem andern die Dublon stehlen wollen / da halff auch kein Versprchen / der Spitzbub trug die Dublon davon / und der Einkäuffer kam umb seines Herrn Geld / darzu ward er für ein Dieb gehalten.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 53-55.
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