XXXVI. Der behende Müller.

[58] Nun gibt den Müllern auch den Ruhm / daß sie an frembden Gut mit grosser behendigkeit ihren Vortheil zu suchen wissen / wie deren Stücklein zum Theil aus den zwo nächst folgenden Erzehlungen erhellen:

Zu einem Müller kam ein Bauer / der wolte ein Malter Korn mahlen / und weil der Müller ziemlich verdächtig / wolte er selbst der Arbeit beywohnen /dann er nicht gesinnet war / aus der Mühlen zugehen /biß er selbsten sehe / wie viel Meel das Malter Korn geben möchte / als er nun den Meister allein in der Mühlen fand / überliefert er demselbigen das Korn zu vollen / da aber der Müller aufgeschüttet / und da beneben des Bauren vorhaben und meinung vermercket /sprach er zu dem Bauren: Lieber Nachbar / siehestu diese Katze (war des Müllers seine / und lag daselbst auff einen Kasten) glaubstu auch / daß diese Fisch fangen könte / und in das Wasser springen solte? Dann du weist das die[58] Katzen zwar gerne Fisch essen / aber die Füsse nicht netzē: Der Bauer Antwortet ihm / daß er solches nicht glauben könte / da nam der Müller die Katz auff den Arm / und sprach zu dem Bauern / komm mit mir auf den Tham ans Wasser hinauß / da wirstu mit Verwunderung sehen / wie bald die Katz ein Essen Fisch fangen wird / führet damit den Bauren hinauß / setzt die Katz nieder / und ließ den frommen Mann in dem Wahn / als wurde die Katze bald ihr Prob-Stück thun; Immittelst stieg der Müller-Knecht (welcher des Meisters Willen wol wuste) durch das heimliche Stäglein in die Mühle /nam ein Theil von den Korn / und verkroch sich wieder: Und da nun der Baur sambt dem Müller lang genug auff dem Tham gestanden / und die Katz nicht in das Wasser springen wolt / sprach der Bauer zu dem Müller: Ich glaub nicht / das heut dein Katz was fangen werde / worauff der Müller antwortet: Fängt diese nichts / so fangt doch einander (vermeinte seinen Knecht / der albereit etwas von dem Korn gefangen hatte.) Der gute Baur verstund es aber nicht /gieng wieder in die Mühle / da er sich dann verwunderte / daß sein Korn nicht mehr außgeben hatte / vermeint doch anders nicht / dann der Müller were redlich mit der Sach umbgangen.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 58-59.
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