XXXVIII. Der behende Kirchen-Raub.

[61] Nach dem Promotheus das Feuer von Himmel geraubt / ist nichts so heilig / das nicht solte entheiliget werden. Gott siehet vom Himmel auf der Menschen thun /und die Gottlosen bleiben nicht vor ihm. Wann der Haußvatter wüste / zu welcher Zeit der Dieb kommen würde / solte er nicht wachen? GOtt aber weiß es /und siehet auff das niedrige. Wie solte er dann ungestrafft lassen / alle die seinen Tempel /[61] als sein Hauß /das ihm zu ehren gebauet worden / bei rauben?

Zu Paris haben vor wenig Jahren die Augustiner Mönchen ein Jubelfest gehalten / bey welchem völliger Ablaß gegen der Gebühr / zu erwerben. Unter einer grosser Menge zusammen geloffnen Volcks /muß sich auch eine grosse Unordnung finden / welche den Beutelschneidern ein halb gewonnenes Spiel an oder in die Hand giebt; dann dieses Handwerck einen schlechten Verlag von nöhten haben / und so bald die Arbeit geschehen / hat der Meister das baare Gelt in den Händen. Bekant ist / daß das Almosen in eine Schüssel geworffen / und wann selbe voll / in einen grossen Stock gestossen wird / darvon hernach die Notdurfft verschaft / und unter andere Armee pflegt außgetheilt zu werden. Auff diesen nun von zweyen Tagen deß Jubelfests her wol angefülten Stock /machten 5 kühne Helden unter den Beutelschneidern /die nur auff grosse Striche bedacht / diesen listigen Anschlag.

Auf den Abend gehen sie in die Kirchen / und einer unter ihnen fällt / zu Folge genommener Abrede / zu Boden / als ob er von der Pest / welche damals sehr agirte / plötzlich gestorben. Die andern werffen einen Mantel auff ihn / und sagen / daß er die Pest an dem Hals gehabt / aber doch vor seinem Todt den Ablaß seiner Sünden gewinnen wollen / daß sie ihn nicht zu Hauß behalten können / und gebärden sich sehr Ubel. Die Mönchen gehen beseits / als welche kein Lust zu sterben hatten / wie auch andere / so in der Kirchen waren. In dem nahet die Nacht herbey / und der Prior bietet ihnen Geld / wann sie diesen ihren Gesellen wegtragen würden / damit ihre Kirche nicht verschreit / und sie des Almosens beraubt / verarmen möchten.[62] Sie begehrten ein Laiter / Stricke / und nehmen etliche Kronen zu Lohn: tragen aber keinen Verstorbenen /sondern den Geldstock / mit dem Mantel bedeckt /aus der Kirchen / und hilfft der / so zuvor als todt niedergefallen / tragen / weil sich der fünffte darvon gemacht / und also nicht mehr als vier gesehen worden. Als nun diese Raub-Vögel das Gelt vertheilet; den Stock verbrennet / in dem die Mönchen ihre Kirchē auß räuchern / den Bösen Lufft zu vertreiben / und als sie die Ablaß pfenning zehlen wollen / und nicht gefunden / haben sie ihre pfleger in Verdacht gehabt /als ob sie solchen entwendet hätte: weil aber der Beweiß solcher Untreue schwer / hat keiner die Katzen die Schellen anhengen wollen; daß niemand wissen mögen / wo dieser Stock / mit so grosser Baarschafft hingekommen. Es gab / sich aber / aus sonderer Schickung des gerechten GOttes / daß der jenige /welcher den Todten bey der Abnahm gespielet / mit der Pestilentz würcklich bestraffet wurde / und in der Beicht bekennet / daß er einer von den Kirchenraubern / der der Augustiner Almosen stehlen helffen /und ist also nach dieser Bekantniß / Gott weiß wie /dahin gestorben. Die andern aber sind wegen andrer Diebs-liste in Verhafft / und an den Galgen kommen.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 61-63.
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