XLVI. Die betrogene Italiänerinn.

[83] Nach dem dieser Adrastus eine zeitlang des Obersten Trabant gewesen / und zugleich das Diebs-Handwerck getriebē / lernete er alle Oerter in der Stadt kennen / wo die schönsten Dames und Frauen finden waren. Unter andern machte Kundschafft mit einer sehr reichen / welche lange Zeit ziemlich Geld von ihm einnahme. Aber seydt der Zeit / mit Adrasto sie gemeinschafft gemacht / spührete sie / daß zu weiln ein siilberner Teller oder Becher dahinden bliebe. Als nun des Adrasti besuchen eine zeitlang gewähret /[83] und die Frau ihn ein wenig kennen lernet / war sie so sorgfältig / und ließ alles wol verwaren / damit er nicht etwas mit sich nehmen könte: Als nun allgemach der Beutel anfieng die Schwind sucht zu bekommen / stellete er sich gar verliebet gegen ihr / gab auch auß / er wolte seine Freund dazu gebrauchen / damit er sie möge zur Ehe bekommen / die Frau weil sie hörete /daß er von Heuraten redet / stellete sie sich Freundlich daß sie sich unter einander / die Ehe verbiessen. Adrastus hatte aber in seinem Hertzē keinē andern Vorschlag als daß er sie unter diesem Schein betriegen wolte Entlehnet derhalben etwas Geld von seinen Freunden und stellete seine Sach an / daß sie zur Kirchen gehen.

Adrastus wartet unterdessen auff Gelegenheit sein Weib zu berauben / und als auff eine Zeit sie in die Kirche gangen war / nimbt er ihr 800 Cronen / stahl ihr also in einer Stund / an welchem sie lange Jahr gesammlet. Und als er dieses gethan / zeucht er gen Florentz / da man dan der Waaren eben so wol / als an andern orthē findet und nachdem er sich wie ein vornehmer von Adel gekleidet / führet man ihm die schönste Weiber in Florentz zu dan das Spiel-Wirts und Hutē-Hauß war sein stetiges Lokament / und gieng es mit dem Geld / wie es sonsten mit unrechtem Guth pfleget herzu gehen / daß es nicht lang wäret.

Adrastus gieng so lang mit dem Krug zum Brunnen / biß er ihn endlich zerbrach. An statt der Rubin-Streinē welche er den Florentischen Donnes an die Finger gesteckt / stecken sie ihm an die Stirn ander abscheuliche h.e. er bekam die Frantzosen. Da lernet er / was ein Quintlein Wollüsten gegen so viel Schmertzen / die gemeiniglich darauff erfolgen / gelten muste.

Wie wol er aber unaußsprechliche Schmertzen außgestanden / hat er ihm doch solches keine Warnung seyn[84] lassen / sondern da er wieder geheilet / hat er sein voriges Leben wieder angefangen.

Und weil er noch etliche hundert Cronen von seinem Raub übrig hatte / machet er Kundschafft mit einer Italiänischen Donne / welche ihn noch nicht gesehen hatte / wie nun diese sehr schön war / hatte sie auch viel güldene Ketten / Diamanten und andere köstliche Sachen / Adrastus / der solches sahe / bedencket sich / wie er die Sache klüglich möge anstellen / damit er etliche bekommen möge.

Nun truge es sich zu allem Glück zu daß die Frau die Kette von den Diamanten / welche sie hiebe vor von einem fürnehmen Herren bekommen / zerbrach /wickelte sie in ein Papier / und steckt sie bey sich in den Sack. Adrastus war deßmals bey der Donna Laura / dann er holte denselbigen Abend bey ihr schlaffen /dieweil er gesehen / daß die Diamanten an einem solchen Orth waren / daß er sie leichtlich suchen könte.

Alß der Abend herbey kommt / essen diese mit einander / Donna Laura laurete auf des Adrasti Seckel /welcher aber hoffte / er wolte das jenige was er spendirén würde / gar bald wieder haben: Was geschicht? Umb die Mitternacht stehet Adrastus auff / nimbt sich an / er wolle auff das heimliche Gemach gehen / oder das Jammer-Geschirr suchen: Er aber begehrte nichts / als der Donna Laura Rock und die Diamanten zu suchen / er findet den Rock / greifft in denselben und findet / was er begehret; und weil er nicht weiß / wo er sie woll versteckē / damit man sie bey ihm nicht finden möge / verschlinget er sie / und legt sich darauff wieder im Bett.

Des Morgens aber / als sie in ihrem Sack suchte /und nichts als das blosse Papier funde / rieff sie ihren Mägden / nimbt sie allein vor / und fraget: Ob sie ihre Diamanten nicht gesehen haben: und als sie an[85] ihrer Mägden Worten und gebärden siehet / daß sie unschuldig seynd / gehet sie in die Kammer / darinnen Adrastus lag / und schnarchet / nimbt seine Kleider /und gibt sie den Mägden / daß sie dieselbe durch suchen sollen. Adrastus erwachet darüber / fraget / was sie thun? aber er wird heßlich von der Frauen Laura angeschnautzet. Adrastus macht sich auch unnütz /sagt: er wüste nicht / wessen man ihn anklage / und that sie ihm groß Unrecht / daß sie an seiner Treu zweiffele / weil sie selber an ihm gespühret / wie lieb er sie habe.

Indem nun dieses vorgehet / und Adrastus sich anzeucht / Donna Laura aber dreuet / wann er die gestohlene Diamanten nicht wieder gebe / wolle sie ihn ins Finstere setzen lassen / da kompt des Adrasti Ehe-Weib / und weil sie bey der Obrigkeit erlanget hatte /daß man ihn solt greiffen und einziehen / läst sie ihm durch die Leuthe / welche sie mit gebracht hatte /nach dem Kopff greiffen. Donna Laura wolt ihn auß ihrem Hauß nicht gehen lassen / er hette ihr dann ihre gestohlene Diamanten wieder geben / die Bulerin aber von Pantzand wolte ihn gefangen setzen lassen. Der Commissarius und seine Diener werden darüber zweiffelhafftig / und wissen nicht / was sie mit Adrasto anfangen sollen. Die Donna Laura ruffet unterdessen die Obrigkeit auff ihren Seiten umb Hülffe an /und erlanget so viel / daß die Richter und Regenten zu Florentz befehlen / man solle Adrastum auff der Donne Laura Anklage gefänglich einziehen / und ihn wegen der geschehenen Anklag ferners befragen. Aber etliche Leute liessen der Donna Laura heimlich sagen / daß er sie ohn allen Zweiffel wie Pillen wurde eingeschluckt haben / solte derohalben ihme ein starckes Clystir eingeben lassen. Dieser Raht wurde für gut angesehen.

Wiewohl nun Andrastus wieder die geschehene Anklage[86] allerley einwendete / und sich entschüldigte /ließ man nichts destoweniger den Apotecker kommen / und ihm ein scharffes treibendes Clystir zubereiten. Aber das Glück wolte ihm wol / dann weil entweder die Diamanten ihme noch nicht auß dem Magen kommen waren / oder sonsten nicht hatten fortgehen können / gab er nichts wieder als das blosse Clystir. Donna Laura wird sehr bestürtzt / als sie sahe / daß sie in ihrer Hoffnung betrogen war: Aber noch betrübter wurde sie / da sie sahe / daß die andere Frau ihn ließ in das Gefängnüß legen / dann da wurde sie beraubt alles dessen / was sie suchte. Alß er nun in dem Gefängnüß die Diamanten außlerete / welche andere bey ihm gesucht / gibt er zween Diamanten den Pförtner / daß er ihm des Nachts die Thür auffmachte / und ihn liesse davon lauffen. Von dannen begab er sich in Franckreich.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 83-87.
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