XLVIII. Der fürsichtige Dieb.

[93] All was unerhörten Greueln der Teuffel seinen Anhang verleiten könne / solches hat zu ihrem Schaden erfahren müssen ein 17. Jähriges geitziges Weib zu Leiden / welche auff der Maar / bey der neuen Kirchen gewohnet / in der Gassen / da viel Kramer und Händler ihr gewerb triebē. Man hielte dieses Weib für sehr reich / weil sie gute Einkunfften aber ein gar geringes Außgeben hatte / und sich mit einer Magd behalffe / daß sie also / sonder grossen wiesterstand beraubet und außgeplündert werden künte; Wie dann solche gelegenheit etliche Diebs-Gesellen veranlaste /einen Anschlag auff sie zu machen / eine Beute von ihr ohne gefährlichen Krieg zu bekommen.

Einer von den erbarsten Beutelschneidern / stellete sich verliebt in die Magd / kame sie zu besuchen /und gabe sich nicht nur für einen Buler / sondern für einen Freyer an / wie er nachmals bekante. Auff einen Abend kommet er mit dieser seiner künfftigen Hochzeiterin Sprache zu halten / und nimmet umb 10 Uhr in der Nacht urlaub von ihr. Zu Morgens fande man die Alte in ihrem Bette ermordet / und die Magd gleichfalls todt unter der Thür des Zimmers. Die that wird[93] ruchtbar / und redet jederman mit Verwunderung darvon. Niemand aber wuste auff wenn der Verdacht zu stellen vermuhtlich wäre / daß mehr als einer diese Taht volbracht / weil sie 6 oder 7 Säcke mit Gold außgelehret / und solche auff der alten Bette hingeworffen / welche sie sonder zweiffel bald und leichtlich erwürget / die Magd aber hatte sich auß äussersten Vermögen gewehrt / weil sie unterschiedliche Wunden / und ihr die Gürgel nicht mit einem Schnit /sondern auch durch etliche Stiche verletzet war.


Diese listige Gesellen haben nur das bare Geld mit sich genommen; daß weisse Gezeug / mit welchem die Hauß-Mütterlein in Holland ihre gröste Freude haben wie auch das Silber-Geschirr / haben sie nicht berühret / damit sie nicht etwan dadurch verkundschafftet und zu verdienter Straffe gezogen würden. Aber vergebens trachtet die menschliche Klugheit sich der göttlichen Gerechtigkeit zu entbrechen. Kein Ubel bleibt ungestrafft / es geschehe über kurtz oder lang / hier zeitlich oder dort ewig. Man hat möglichste Nachfrage auff die Tähter gestelt / aber keinen in Erfahrung bringen können / und ist der Ruff gangen /daß es keine gemeine Beutelschneider müssen gewesen seyn / welche sonsten wegen anderer Händel in Verhafft genommen waren: doch hat verlauten wollen / daß der angegebene Freyer zu Gent in Flandern erkranckt / und in der rasenden Weise / diesen Mord auff seinem Todt-Bett erzehlet / und solchen wenig bereuet habe: Wäre auch von der Obrigkeit deßwegen bestrafft worden; wann ihn nicht der voreilige Todt davon befreyet / warumb aber die andern nicht sind entdecket worden / steht dahin.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 93-94.
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