LIII. Der behende Dieb.

[102] Gleich wie die Mücken sich von anderer Leute Bluth speisen / also pflegen sich auch die Diebe von fremden Guth zu nehren / und viel / sonderlich wann sie schlaffen / an meisten zu setzen / wie dessen ein Exempel folgē solle.

Es schreibet Cardanus l. 16 de Subtilitate, daß zu Meyland ein Ertz Beutelschneider gewesen / welcher in der Kirchen die gröste striche gethan / in dem er falsche Hände gehabt von Eysern Blech / und solche hat er regieren / auffheben / und mit dem Paternoster sincken lassen können / in zwischen aber hat er in seinen rechten Händen / dessen / derneben[102] ihn Gekniet /den Beutel erwischt / ist aber endlich in die Hand der Obrigkeit gefallen / und mit seinen eisern Händen in der Lufft verarrestieret worden.

Etliche Diebe zu Paris hatten Nachrichtung / daß ein reicher Kauff-Herr verreist / und folgendē Tag wiederkommen solte. Sein Hauß nun zu berauben /brachten sie des Nachts eine Music / und in dem Musiciren öffeneten sie daß Hauß mit ihren Diebs-Schlüsseln / und kame einer / der dem Kauffherren am gleichsten ware / in der Schlaff-Hauben herauß / führete sie mit Lichtern hinein / und also gewannen sie Zeit / das gantze Hauß / ohne allen Verdacht der Nachbarschafft / aus zu plündern. Als nachgehends der Kauffman wieder kame / fande er sein Hauß bestohlen / und wurde die List auff befragen entdecket.

Ein wunderliche Mumschantze war auch diese /daß ein Junger Beutelschneider in Engels-Kleidern zu einen abergläubischen / geitzigen reichen Manne hinein kam / und ihn vermahnete / daß er sein Geld / als ein Wurtzel seines Elends und schweren Sorgen / von sich thun solle / nahme auch den Beutel / und wurffe ihn seinen Gesellen zum Fenster hinauß. Der Alte kunte nicht glauben / daß dieses ein guter Engel / weil er ihm sein Guth nahme / finge deswegen ein grosses Geschrey an / daß die Nachtbarschafft zu lieffe / und wurde der Gesell in den betrüglichen Engels-Kleidern an den Galgen gehenckt.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 102-103.
Lizenz:
Kategorien: