LV. Die mördrische List.

[105] Zween Ertz-Mörder reiseten einsmahls eine gute Zeit zusammen / machten einen Menschen nach dem andern hinweg / und mit solcher List / daß ihr Handwerck lange währete / der eine wurde doch reicher als der ander / daß verdroß diesen / daß jener einen Pfenning von dem Blut-Gelde mehr hatte als er / trachtet ihm heimlich nach / wie er doch des andern Geld darzu bekommen möchte / fand aber keine gelegene Mittel / biß sie einsmahl am heissen Sommer-Tag ihre Mahltzeit nicht weit von einen tieffen Brunnen hielten / da ging der eine hinbey / guckte hinein / schüttelt den Kopff / ging wieder zu seinen Cammeraten / lieff bald wieder zum Brunnen / machte vorige Minen mit allerhand Gelächter / der ander sahe dieses / fragte warum er in den Brunnen sehe / ja / sagte jener / ehe ich noch in deine Compagnie kam / hatte ich hier eine brafe Litze / den da begegneten mir eine Braut und ein Bräutigam / die waren auff das beste außgestaffirt / die wolten hierbey auff den nechsten Dorffe zur Hochzeit gehen / die erwürgte ich / und fand einen guten Heller bey ihnen / wie ich den hatte / warff ich sie allebeyde in diesen Brunnen / und da sehe ich sie noch in tantzen / du machst was anders tantzen sehen / sagte der ander / es wird dir träumen / ja wohl träumen sprach jener / gehe hinbey / da wirstu sie sehen /die Braut hat einen rohten Rock an / unten ein weisses Kleid / der ging hinbey / sah und sah / rieff unterdessen du Stock-Narr ich sehe ja nichts / ja sagte jener /ging hiermit zum Brunnen / du stehest nicht an dem rechten Orthe / kom auff diese Seite / der ander ging hin / da sagte jener / und führet[106] ihn auff die Höhe /daß er ihn destobesser hinunter stürtzen könte / und wie der ander seinen besten Fleiß im sehen gebrauchte / gab er ihm einen Stoß in den Rücken / daß er hinunter purtzelte; Der war voller Freuden / und sahe seinen Cameraten zappeln / biß er ersoffen war / da zog er ihn wiedrumb herauß und wolte seines Geldes Herr werden / und wie er über dem besten Beuthmachen war / kamen ohngefehr etliche Wandersleuthe darzu /lieffen hinbey / und sahen was er machte / da ließ der Mörder seinen Muth sincken / spannete das Hasen-Panier an / und meinete zu entkommen / jene sahen den Todten für sich liegen / welcher kaum recht erkaltet / verstunden sein lauffen unrecht / und holten ihn ein / nahmen ihn mit / und brachten ihn in das nechste Städtlein für die Obrigkeit / da ward er alsobald examinirt / und dem bestalten Hencker überlieffert! da er dann auch nach Mörderischer Arth andern zum Exempel abgestraffet wurde / und wurde also Mörder über Mörder.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 105-107.
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