LIX. Die verschlagene Weiber-List.

[115] Wer in Italien gewesen / der wird nicht verwunderlich[115] halten / was in folgender Erzehlung berühret werden soll / den man in derselben Landschafft viel Männer-liebes Weibs-Volck / und darzu sehr verschmitzet und verschlagen findet / so / daß sie auch den allerklügsten Mann zu betriegen sich unterstehen solten: Zu Parma war eine sehr berühmte wunderschöne / doch aber dem Augenschein nach / keusche junge Witwe /diese / ob sie woll nach ihres Mannes Ableiben sich immer zu Hause hielte / konte doch wegen angebohrner Brünstigkeit der Italiäner auch mitten in ihrem Sorg-Jahr vor ihnen nicht ohnangefochten bleiben /dann der eine wolte sie noch lieber haben als der andere / und ob sie gleich vorschützete / und bathe /man solte sie doch in diesem ihrem Trauer Stande nicht beunruhigē / so half doch alles nichts / und gienge ihr fast wie der Penelope / welche alle ihre Buhler mit einem stücke Geweb zwantzig Jahr lang auffhielte / sie aber konte kaum 20 Tage ohngemolestiret verbleiben. Nun waren ihrer dreye / welche für andern ein sonderlich Absehen auff sie hatten / und liessen sichs sehr sauer umb sie werden / ihnen aber mit Gewalt zu wiederstehen war in ihren kräfften nicht / dieselben aber gerichtlich zu verklagen / und durch die Richter ihnen Thür und Hauß verbieten zu lassen /war ihr verdächtig / besann also diese List / sie wohneten nahe am Kirch-Hofe / also daß sie von hinten zu auff den Kirch-Hoff kommen kunte / machte mit dem Todten-Gräber einen Verstandt / daß er eines Menschen länge / aber nicht gar tieff eine Grube graben solte? welcher / weil er seine Gebühr gedoppelt empfing / sich nicht unwillig bezeigte / unterdessen hatte sie den einen des Abends umb zehn / den andern umb eilff / und den dritten umb zwölff Uhren zu sich in ihr Hauß beschieden / es war aber keiner / der von den andern etwas[116] wuste / und meinete / ein jeder würde zu seinem Vergnügen die allerglücklichste Stunde getroffen haben: Der erste stelte sich zur bestimbter Zeit ein / dem stellete sie vor / sie hätte mit einen auf tausend Kronen gewettet / daß sie einen lebendigen Menschen in den Sarg und in das Grab bringen wolte / so er sich dazu wolte gebrauchen lassen /so würde er ihr nicht allein das Geld gewinnen / sondern sie selber auch noch zur Ehe bekommen: Dieser /ob er gleich nicht Lust hatte bey lebendigen Leibe in ein kaltes Grab zu krichen / sondern viel lieber mit lebendigen als mit den Todten sich vereinigen wolte /muste doch umb guter Hoffnung willen / ihrem begehren ein gnügen leisten / kleidete sich aus und ließ sich mit einen Sterbe-Kittel sich in einen Sarg legen / und ohne Gesang zu Grab tragen. Mittler weile und so bald dieser zur Erden bestätiget / erschien auff bestimbte Zeit der ander / den Caressirte sie über die massen freundlich und versprach ihm güldene Berge /wenn er ihrem begehren ein gnügen thun wolte: Er aber erwartete mit verlangen / was seine Beherscherin gebiethen würde / versprach auch / daß so es müglich / er ihr zu Dienste stehen wolte: Da sagte sie: Es wäre ihr nechster Freund gestorben / derselbe aber wäre schon begraben / aber auß erheblichen Ursachen noch nicht mit Erden bedeckt worden / begehrte derowegen von ihme / daß er nur diese eine Nacht bey der Leiche in dem offenen Grabe / in eines Engels Gestalt und Kleidung / mit einer brennenden Kertze stehen / und Wacht halten möchte: Wer war williger als er / in Hoffnung / daß es zu seines willens vergnügung gereichen würde? So bald aber dieser nur abgefertiget /stellete sich der dritte zu bestimbter Stunden ein / und verspricht sie eben wie den vorigen / und begehrt an ihn / daß er sich von[117] ihr in eines teuffees Gestalt auß kleiden lassen! und hin auff den Kirch-Hoff gehen solte / ihr aus einem schon offenen Grabe einen Todten Cörper zuholen / dieser war williger als willig und versprach sich solches endlich außzurichtē / gehet damit in seiner Teuffels Larve nach dem Grabe zu /und wil den Leichnamb heraus nehmen / der vermeinte Engel / dem die Wache befohlen war / wieder setzte sich so guth er kunte / es halff aber nichts / sie griffen einander in die Haare / und schlugen sich tapffer herumb / in dem aber die beyde einander in die Haare liegen / da mercket der lebendige Todte / es möchte endlich über ihn außlauffen und er das Gelach bezahlen müssen / erhobe sich derowegen aus dem Sarck / und suchte den nechsten Weg nach Hauß / da die andern dieß vermerckten / meineten sie / daß der Todt ihnen beyden zu leibe wolte / lieffen davon / und befunden daß sie alle drey von einem Weib betrogen waren /und ihrer keiner dürffte hinforth sie ansprechen.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 115-118.
Lizenz:
Kategorien: