VI. Der betrogene Advocat.

[8] Sween Bauren waren in einen Streit mit einander gerahten / dannenhero kam einer davon in die Stadt und nahm den berühmtesten Advocaten an / ihm seine Sache für Gericht zu bedienen. Am folgenden Tag kompt auch der ander Bauer zu eben diesen Advocaten / und begehrt vor Geld seines Beystandes. Dieser aber hält ihm vor / welcher gestalt er von seinem Gegenparth schon bedungen und besprochen sey / recommedirt ihm aber einen andern / der / seinem fürgeben nach / eben so verschlagen alß er / schreibt auch ein Zettelchen / und erinnert den Bauren / selbiges bedeuteten Advocaten zu bringen / so werde er sein bestes in dieser Sachen thun.

Der Baur ist auch ein Fuchß / nimbt den Zetel mit sich und zeigt es dem Dorff-Priester / dessen Erklärung er darüber bittet / weil es in Lateinischer Sprache geschrieben war. Der Priester lieset und lachet /spricht endlich zum Bauren also: Mein Freund / der Inhalt dieses Brieffs lautet auff gut Deutsch also: Bruder / ich sende dir diesen fetten Vogel / du kanst ihn annehmen / ich habe seinen Gegenpart / auch ein fettes Wildpräth angenommen / lasse uns diese Vögel pflücken / so lange sie Federn haben; Der Baur wuste wohl / wo ihm der Leib offen / gieng zu seinem Gegepart / erzehlete demselben die Meinung der Advocaten / und sprach: wir können uns in der güte vergleichen / so sind diese / Kumpen am meisten vexirt: Solchem kamen sie nach / und die Advocaten bekamen das Nachsehen.

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Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 8.
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