LXV. Der liderliche Schmarotzer.

[127] Ein ander Schmarotzer / der gerne was gutes aß und tranck bey seinem Geld-losen Beutel / ist in der Pfaltz auff ein Dorff gangen / und hat den Wirth daselbst gefragt / ob er nicht ein Fuder-Weins kauffen wolte / es sey ein köstlicher Trunck. Der Wirt / welcher über 4 viertel nicht mehr in Faß hatte / accordirte mit dem Handels-Mann / truncken einen guthen Wein-Kauff darauff. Da nun der Abend herbey kam / wischete er das Maul / und hinderließ beym Wirth / daß er des Morgens den Wein bey ihm umb 8 Uhren abholen solte. Der Wirth hatte die bestimte Zeit in acht genommen / und kam umb acht Uhr da mit seiner Fuhr /den Wein abzuholen / klopffte lange an deß Vaters Thür / biß entlich der alte herfür kam / und fragte /was er begehre? Da ihn nun der Bauer berichtet / wie ihm sein Hr. Sohn (dann er war ein Geistlicher gewesen / wann mir recht ist) gestriges Tages habe ein Fuder-Wein verkaufft / welches er jetzo kommen sey zu holen. Der Vater / welcher sich ein halb Jahr mit einem Aemgen beholffen / sprach mit tief geschöpftem Seufftzer / O des bösen Bubens / ich habe keinen Wein im Hauß / und er wil noch verkauffen / merckte wol daß er den Rausch des vorigen Tages bey diesem Bauern muste geholet haben / schickte hinauff / ließ ihn auffwecken / dann der Rausch war noch nicht gar außgeschlaffen. Da er vernahm / daß der Bauer den Wein holen wolte / erschrack er hefftig / dann er hatte nicht mehr an die bestimbte Stunde gedacht. Als er nun über eine halbe Stunde[128] zubracht mit dem Ankleiden / und der Bauer nicht weichen wolte / er währe dann bezahlt / muste er doch entlich herbey / aber es ist böß zahlen / wo keine Dütgens seynd / sagt der Holländer / wolte der gute alte Vater-Ruh haben / so muste er für seinen Sohn 5 Maß Wein zahlen.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 127-129.
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