LXXIII. Der listige Spanier.

[147] Man findet unter allen Nationen verschlagene Diebe. In Spanien lebte weyland ein verruchter Bube / der sich Sanchez nannte / dieser war des Stehlens so gewohnt / daß es ihm ohnmöglich war / solches zu unterlassen. Unter andern stahl er einem Adelichen Cavallier eine gute Anzahl junge Hünlein / welcher die Gedancken also bald auff ihn warff / dieweil er eben damahls nicht weit von seiner Wohnung seine Auffenthaltung hat: Schickte derowegen alsobald einen Scherganten mit etlichen seinen Dienern ihn zu fahen aus / welcher als er es vermerckt / suchte er sich zu salviren / gleichwol auch der jungen Hüner zugeniessen / und den Cavalier zu beschämen: Schnitt[147] derowegen den Hünern allesampt die Gurgel ab / warff sie in ein Bütt mit Wasser / legt Leynene Tücher oben darauff / ließ seine Frau und eine seiner Tochter einen Kessel mit Wasser über das Feuer hencken und sich allerdings stellen / als hetten sie eine Wesch zu verrichten vor / und als der Schergant mit sambt den Dienern / den Diebstahl zu suchen ankommen / und fragten / wo die jungen Hüner weren / die Er dem Edelmann gestohlen / fing er alsobald an zuläugnen / und sagte / er sey ein ehrlicher Mann / könne sich derowegen nicht gnugsam verwundern / wie Er in einen bösen Verdacht bey ihnen gerahten / daß sie ihn wie einen Dieb kämen zu besuchen: Könt und begehre jedoch solches ihnen nicht zu verwehren / als deme sein gut Gewissen seiner Unschuld Zeugnüß gebe / daß nemblich nicht er / sondern einanderer die Hüner gestohlen: Unterdessen nahmen die Frau und Tochter das Wasser aus dem Kessel / und gossens über das Getüch / unter welchem die Hüner lagen / der Sergant und Diener aber durchsuchten das Hauß / und alle Kisten so darin waren / und dieweil sie vermeint / es were in der Bütten anders nichts als Tuch / und aber sonsten nirgend die geringste Anzeigung der Hüner konten spühren und finden / giengen sie wiederumb darvon / und glaubten für gewiß / es sey der Sanchez gantz ohne Schuld / und wieder alle Billigkeit in solchen Verdacht gezogen.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 147-148.
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