LXXIX. Der possirliche Doctor.

[159] Ein bekanter lustiger Doctor saß bey einer fürnehmen Churfürsten über der Taffel / da ward erstlich eine Suppe auffgetragen / dem Doctor aber zum Possen kein Löffel vorgelegt / welches der Churfürst wol wuste / und sprach demnach / Herr Doctor esset Suppe mit / der Doctor wolte nicht sagen / was ihm gebräche / der Churfürst sprach: ein Schelm der nicht Suppe mit isset. Der Doctor dieses hörend / nahm Brod / schnitt die Kruste herunter / hölte sie aus /steckte die Gabel drein / und aß Suppe mit / als die Suppe aus war / aß er seinen Löffel / mit beygefügten Worten: ein Schelm der seinen Löffel nicht frist. Einsmahls kamen viel frembde Fürsten zu dieses Doctors Wohnstatt / schickten ihm einen Laquey / mit Bitt zu ihnen zu kommen; Er entschuldigte sich / er hätte jetzt seine Schuh zu flicken gegeben. Diese schickten ihm ein paar neue Corduanische Schuhe / damit er sie besprechen möchte / er kam / saß mit zu Taffel / aß und tranck / redet aber nicht. Da sagten die Herren zu ihm: Herr Doctor / wir haben gehört / daß ihr ein kurtzweiliger Mann seyd / macht uns auch lustig. Dieser tranck noch eines / stund auff / und sagte: Ich bin meines Churfürsten Narr / wollet ihr einen haben / so schafft euch einen / und gieng davon.

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Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 159.
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