XC. Die listige Behändigkeit.

[177] Zu Leipzig pflegen die Spitzbuben auch gemeiniglich in den Messen aufzuwarten / umb ihrer Nahrung nach zu gehen. Einer derselben trat einem Fuhrman eben entgegen / sahe / daß Er seine Hand in der Taschen /die andere aber über eine andere grosse Tasche hielte. Dannenhero sahe Er ihm recht ins Maul / und begunte zu Hojanen; der Fuhrman ward hierdurch bewogen auch zu Hojanen / hielte derowegen die Hand / so Er auf die Tasche gelegt hatte auß grosser Bescheidenheit vor den Mund / und in dem Er dieses that / war jener mit seinem scharffen Messer parat / schnitte die Tasche weg / und lieff damit durchs Volck / kam[177] auch glücklich davon / und des Bauern Nachlauffen und Schreyen war vergeblich.

Gar listig fiengen es auch jene Pennäl auff einer teutschen Universität an / die promovirten (also nennt man auff Academien das Stehlen) einen Hammel /und führeten ihn durch die Gassen nach ihrem Logiment. So offt aber der Hammel schrie / so offt rufften sie holla! holla! damit man des Hamels Geschrey nicht hören kunte. Sie brachten auf solche Manier den Hamel ins Hauß und auf die Stube / stachen ihm den Halß ab und hielten ihn heimlich / der Nachforscher kam auch baht den Wirth / ihm zu vergönnen in sei nem Hause Nachsuchung zuthun / denn sein Hammel wäre gewiß drein kommen / daß ward ihm vergönnt /er suchte aus einer Stube in die ander / wie Er aber vor die rechte kam / da hatte man ein Bette gemacht /den Hamel hinein gelegt / und saß einer vorm Bette und hatte ein Buch in der Hand / wie der Sucher nun hinein eilen wolte / winckete und sprach der Leser: Bleibet zurück / hie lieget ein sterbender Mensch. Jener ließ sich abschrecken / gieng davon und bekam seinen Hammel nicht wieder.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 177-178.
Lizenz:
Kategorien: