Wie ain Florentiner, Andrean genannt, ain vast böser bůb, tzu ainem gefangenn, reichen englischen mann in die gefängknuß gelassen ward, mit jm zureden.

[20] Nvn kund Andrean wol englisch. der gefangen fraget yn, von wannen er wäre. daßs saget er jm vnd sprach: ich byn ain Florentin vnd will gen Florentz. der gefangen sprach zu Andrean: kennest du nit Jeronimum Roberti zu Lunden? Er sprach: ja, ich kenn yn vast wol vnnd er ist meyn gar gůtter freünd. Er sprach: lieber Andrean,[20] laß dein raiß gen Florentz vnderwegen, gang gen Lunden zu dem Jeronimus Roberti vnd sag jm, das er helff vnd radt, das ich hye ledig werd. Er kennet mich vnd waißt wol, was ich vermag. Ich byn geritten in des künigs dienst vnnd mainend meyne fründ, der künig söll mich von hynnen lößen, das aber der künig nit thůn wil auß der vrsach, sagt, er hab mir ainen grossen sold geben, alltag vier Cronen auff zway pferd. warumb ist er nit dester weyter vmbgeritten, das er den veinden nit zutail worden wäre? Das ander: es zimpt sich nicht, das ain künig ainen gefangen löß, dann so man aynen gefangenn vmb tausent Cronen lödig ließ, so müßt yn der künig ledigen vnd müßt zehen tausent Cronen geben. durch solchs so lassen sy mich nit lödig. vnd sol es noch ain klaine zeit weren, So kum ich vmb meinen gesunden leib, wann die schenckel vahen mir an zufallen, als du das wol sichst. darumb so sag dem Jeronimus Roberti, daßs er helff vnd radt, darmitt das ich lödig werd. Sy hond mich beschätzt bey zway tausent Cronen. So man mich aber also verlaßt vnd veracht, gelaub ich man näme minder vnnd besonder, so man säch das mich frembd leüt lösen wolten. Ich hoff auch auff dass höchst, man brächt mich mitt tausent Cronen von hynnen. dasselb sag dem Jeronimus vnd sag jm darbey, was er für mich außgeb, das müß jm dryualtig wider werden. Darumb, lieber Andrean, biß geflüssen vnd brauch fleiß in denen dingen, so verhaiß vnd glob ich dir, das ich dir wil fünfhundert Cronen geben vnd dich dartzu an ain gůtt ampt schaffen. Sag auch meinen freünden, wie du hye bey mir seyest gewesen vnd das sy mein bürg werden gegen dem Jeronimus. Andrean sprach zu dem gefangen, er wolt sich gar treülichen in der sach arbaitten vnd zoch allso gen Lunden vnnd bracht die ding, so ym beuolhen was, an den Jeronimum Roberti. dem geuiel die sach wol, wenn es nun gewiß wär gewesen, das ym für ain Cron soldt drey werden. Nun kant er wol den Andrean, das er ain bübischer bůb was, nit desterminder sprach er zu ym: gang tzu seinen freünden vnd an des künigs hoff! magstu den weg finden, daz man mir pürgschafft thüe, so wil ich das gelt darleühen. Andrean[21] fraget nach des gefangen fründen vnnd sagt yn, wie es vmb yn stünd, wie er so hert an geschmidet wär. Es lag yn aber nit so hert an vnd weißten yn, er solt zu dem künig oder seinen rädten vnd yn sollichs fürhalten, Als er auch thůn wolt. als er aber gen hoff kam vnd nit gleych fürkommen kund mitt seiner sach, hort er sagen, als der künig von Engeland sein schwöster geben het dem hertzogen von Burgoni zu ainem gemahel, dem er noch schuldig was klainat zu senden, die er auch kaum zuwegen bracht hett, wann es gar kostliche klainat waren. vnd het die geben aynem frommen edelman, der auch zu Lunden in der statt gesessen was, weib vnd kind da hett. Do aber Andrean zu hoff höret sagen, wie man dem edelman so kostliche klainatt beuolhen het, fieng er an vnd gesellet sich zu jm vnd sprach, wie er vernommen het, das der künig dem hertzogen von Burgoni durch yn kostliche klainat senden wolt. Allso wolt er yn gar früntlich bitten, wär es zuthůn, das er jn die klainat ließ sehen, wann er wär auch ain zorclier (daz ist ainer, der mit klainaten vmbgeet) vnnd er het zu Florentz gehört, wie das der künig kostlichenn klainatten nach fraget vnd wär dester ferrer her kommen auff hoffnung, der künig solte ym auch ettliche stuck ab kaufft haben, als er noch in hoffnung wäre. Der from edelman sprach: so warten auf mich, so ich hye gerecht bin So kommen mit mir, will ich sy eüch lassen sehen vnd als er gerecht ward, fůrt er yn mit ym haim (es was och über den mittag) vnd sprach: wir wöllen vor essen, So wirtt mein fraw nicht vnwillig, assen also mit ainander vnd er erbot es jm eerlich vnd tischetten gar lang. Als dann der Englischen gewonhait ist, das sy bey zway stunden tischen, besonder wenn sy gest haben. Als sy nun geessen hetten vnnd frölich gewesen warend, fůrt er yn in sein schlaffkamer vnnd schloß auff gar ainen schönen kalter vnd bracht die klainat in ainem hültzin lädlin vnnd ließ yn die gnůgsamigklichenn sehen. Es warenn fünff klainatt, die kosteten ob sechtzig tausentt Cronen. ye lenger man sy ansach, ye baß sy ainem geuiellenn. Andrean der lobett sy vast vnd sprach: ich hab wol etliche stuck. wären sy allso ein gefasset, sy soltend ettliche schenden vnnd das hort der[22] edelman fast geren vnd gedacht: hat er kostliche klainat, so můß vnser herr künig noch mer kauffen vnd giengen also wider gen hof. Do sprach Andrean: morgen zu mittag, so solt ir mit mir essen in Jeronimus Roberti hauß, so will ich euch meine klainat auch lassen sehen. Das geuiel dem edelman wol.

Also gieng Andrean zu Jeronimus Roberti vnd sprach: ich hab aynen man funden an des künigs hof, als ich hoff, der wirt mir helffen, daz wir den gefangen lödig machen vnd dass eüch gůtte vnd gewiße bürgschaft darfür geschehen můß auf des künigs zol. Jeronimus Roberti geuiel das wol vnd also sprach Andrean: beraiten morgen die malzeit bester eerlicher, so bring ich jn, das er mit vns ysset. vnd das geschach. vnd des morgens vmb die maltzeit bracht Andrean den man und ee sy zutisch sassen, sagt Andrean zu Jeronimo, man solte nit vil von dem gefangen man reden, wan es můßt haimlichen zu gon. Vnd also assen sy vnd waren frölich vnd tischten lang. vnd als die malzeit geschehen was, gieng Jeronimus in sein schreibstuben. Do sprach Andrean zu dem edelman: komment mit mir hynauf in mein kamern, so wil ich üch meine klainat auch lassen sehen, vnd giengen also mit ainander in ain kamer, was oben ob dem sal, darinn sy geessen hetten. Vnnd als sy in die kamer kamen, thet Andrean, als ob er ain grosse truhen wolt aufschliessen vnd zucket ain messer vnd stach yn, das er viel vnd schnayd ym die gurgel ab, nam ym ainen guldin ring, den er an seinem domen het, darinn auch sein jnsigel gar kostlich ergraben was vnd nam die schlüssel ab siner gürtel, gieng eylentz in des edelmannes hauß zu seiner frawen vnd sprach zu ir: fraw, ewer gemahel sendt mich zu eüch, daßs ir ym die klainat schickt, so er mich gestern sehen ließ vnnd sendt eüch hye bey zu warzaichen seinen ring vnd sigel vnd die schlüssel zu dem behalter, da die klainat inn ligen. Die frauw gelaubt seinen wortten vnd schloß auff den behallter. sy funden aber der klainat nit. der schlüssel waren drey, sy sůchten an allen orten vnd funden ir nit. die fraw gab ym die schlüssel vnd ring wider vnd sprach tzu ym: gond vnd sagt jm, wir künden ir nit finden, das er selb komm[23] vnnd lůg, wa sy sehen. Andrean erschrack ser, das er so ain böße sach gethan het vnnd ym aber die klainat nit worden waren, wann er wolt gleich darmitt daruon sein.. Die weil er aber in des edelmans hauß gangen was, was das blůt durch die tüllen in den eßsal gerunnen. das sach der herr vnd růfft wunderbald den knechten vnd sprach: von wannen kommpt das blůt? sy lieffen vnd lůgten. do fun-den sy den frommen edelman da ligen also tod. sy erschracken von hertzen vnnd vor grossem schrecken wißten sy nit, was sy thůn solten.


Wie der bößwicht Andrean ainen edelman ermort vnd yn in ain priset wurff vnd daruon kam.

Vnd als sy also stůnden, so kommpt der schalck geloffen vnd sach greůlich. O du schalck! schryen sy über yn, was hastu geton, dass du den man ermort hast? er sprach: der bößwicht wolt mich ermort haben, wann er vermainet, kostliche klainat bey mir zufinden. so ist mir lieber, ich hab yn ermort dann er mich. darumb sweigent stil vnd macht kain geschray, so wil ich den man in die prifet werfen vnd wil eylentz hinweg. vnd ob jm yemant nach fragt, so sagen, als sy geessen hetten, seind sy mit ainander vß dem hauß gangen. seyder haben ir vnser kainer mer gesehen. das thet der schalck Andrean, warf den todten leichnam in die priset vnd eylt nacht vnd tag, das er vß dem land käm vnd torst nit beleiben an kainem ort. er forcht, ym wurdenn botten nach geschickt vnnd das er gestrafft wurd vmb dass groß übel vnd eylet gen Venedig vnnd dinget sich auf für ainen růdrer vff ain galee vnd fůr gen Alexandria vnd so bald er dahin kam, verlognet er des christenlichen glauben. Do ward der schalck wol gehalten vnnd was auch sicher von der missethat, so er gethan het. vnd het er hundert christen ermort, so wäre er doch sicher gewesen.

Als sich nun die sach verloffen hett, do was Fortunatus[24] nit tzu Lunden, Sonder er was in seines herren dienst in ain statt gefarenn, genant Sanduwick, da er seim herren gůt in ain schif geladen het. vnnd als er nun wider gen Lunden kam, sein geschäffte, so ym beuolhen was, gar wol vollendet hett, kam in seines herren hauß, do ward er nit so schon gegrüßt vnd enpfangen, als andre mal, so er auß gewesen was, och so gedauchte yn, wie sein herr, gesellen, knecht vnd mägt nit so frölich wären, als er sy gelassen het, das yn auch hart bekümeret. vnnd fraget die kellerin im hauß, was sich verloffen het in seinem abwesen, daßs sy alle im hauß so traurig wären. Die gůt alt kellerin vnnd haußhalterin (die auch dem herren vast lieb was) sprach zu jm: Fortunatus, laß dich es nit bekümern, wann vnserm herren ist ain brieff kommen von Florentz, wie ym so gar ain gůtter freünd gestorben sey, darumb er ser betrübt ist. Er ist jm aber nit so nach gefreündt, das er schwartz tragen dürffe. Im wäre aber lieber ain brůder gestorben dann der gůt freünd. Darbey ließ es auch Fortunatus beleiben vnd fraget nit fürbaß vnd halffe yn auch traurig sein. Vnd als nun der frawen edelman zunacht nit haim kam, noch seiner frauwen nicht enbotten het, Nam sy wunder, doch schwaig sy styll vnd do er des morgens aber nit kam, sandt die fraw auß ire gůte vnd angeborne fründ an des künigs hoff, irem gemahel nach zu fragen, ob yn der künig in seinem dienst hett außgesandt oder wo er wär. Vnnd so bald man höret, das man ym nach fraget, do nam es die rädt selb wunder, das der man nit gen hoff kommen was. die märe kamen allso für den künig, der sprach: gond bald in seyn hauß vnnd lůgend, ob er die klainat hynweg hab. wann dem künig viel in seinen syn, Er möcht mit den klainaten hynweg sein, wie wol er yn für ainen biderman hielt, noch dannocht gedacht er, das grosse gůt hett yn zu ainem bößwicht gemacht. vnnd also kam es auß, das ye ainer den anderen fragen was, ob er nit wißt, wa der edelman kommen wär. Niemandt wißt von jm nicht zu sagen. der künig sendet in seiner frawen hauß gar eylentz, das man fragt vnd lůgte, wa die klainat wären, wiewol jm der edelman lieb was. doch liesse er den klainaten vester nachfragen dann[25] dem frommen mann, darbey man wol merckt, wenn es an das gůt geet, das alle liebe auß ist. vnd do man die frauwen fragett, wo ir man wär vnd die klainat, sy sprach: es ist heüt der dritt tag, das ich yn nit gesehen hab. was sagt er aber, do er am iüngsten von eüch gieng? sy sprach: er wolt mit den Florentinern essen vnnd sandt ainen mit seinem sigel vnd die schlüssel, ich soldte ym die klainat senden, er war in Jeronimus Roberti hauß, da het man vil kostlicher klainat, die wolt man gegen ainander schätzen. vnd also fůrt ich yn in mein kamer vnd schloß ym den kalter auff, dartzů er dann die schlüssel het. wir funden aber der klainat nitt vnd gieng der man on die klainat hynweg, das er vngeren thet vnd hyeß mich vast sůchen, wir kunden aber ir nit finden. Sy fragten, ob er nit besondre geschloß het. sy saget, er hett kain anders, wann was er gůts hett, seine brieff vnd sigel, legt er alles in den behalter. da stůnden auch die klainat innen. sy seind aber nit mer da, wann wären sy darinn gewesen, so het ich sy ym gesandt. Do die botten das horten, liessen sy all küsten vnd kalter vnd truhen auffprechen. sy funden aber der klainat nit, dauon die fraw gar ser erschrak, daz man ir also gewalt thet in irem hauß. Auch erschraken des künigs boten, daz man den mann noch die klainat nit kund finden. dass saget man dem künig. der künig was mer traurig vmb die klainat dann vmb dass gelt, so sy hetten kostet, wann man findt solch ding nit zu kauffen, so man wol gelt hat. vnd wißt der künig noch seine rätt nit, was zu der sach zethůn wär, dann das man zůradt ward, man solt Jeronimus Roberti vnd als sein gesynn vahen vnd das sy rechnung vmb den man gäbent. daßs geschach am fünfften tag nach dem vnd der man ermort was. Do warteten des richters knecht, das man eben die malzeit ass, fielend in das hauß vnd funden sy alle bey ainander, zwen herren, zwen schreiber, ainen koch, ainen stall knecht, zwů mägt vnd Fortunatus, also das ir waren neůn person. die fůrt man alle in gefängknus, yedes besonder vnd fragten auch yglichs in sonderhait, wo die zwen mann hyn kommen wären. sagten alle geleich zu, als sy geessen hetten, do wärend sy hinweg gangen vnd[26] hetten sy darnach nit mer gesehen, noch von jnen gehört, Daran aber sy kain benügen hetten. sy namen dem herren vnd den andern allen ire schlüssel vnd giengen in das hauss vnd sůchten in ställen, in kellern vnd in iren gwelben da sy ire kauffmanschatz ynnen hetten vnd sůchten an allen orten, ob sy den man etwann vergraben hetten. Sy funden aber nichts.

Quelle:
[Anonym]: Fortunatus. Halle a.d.S. 1914, S. 20-27.
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