Wie der Soldan ain botschafft zu Fortunato in Cipren vmb sein hütlin schickt, Aber vngeschafft wider wegfarn můßt.

[90] Der künig Soldan von Baboloni, herr tzu Alkeyro[90] vnd Allexandria Enbeüt dir, Fortunato, seinen grůß durch mich, Marcholando. du wellest so gůtwillig vnd mich ainen gůtten botten lassen sein vnd ym sein klainat bey mir senden. Fortunatus antwurt vnd sprach: mich nimpt wunder, das künig soldan nit weiser was, do er gesagt het, was tugent das hütlin het, vnd er das mir selb auf mein haubt satzt, darunder ich doch in groß anngst vnd not kam, der ich mein lebtag nymmer vergeßsen kan noch mag, wann mein gallee stůnd in dem weiten mör. do wunscht ich mich darein vnd wo ich der galee gefält het, so wär ich vmb mein leben kommen, das ich doch köstlicher schätz dann künig Soldans künigreich, vnd auß der vrsach byn ich des willens, das klainat von mir nit zulassen, so lang vnnd ich leb. Do Marcholando von Fortunato die red hort, gedacht er ym, er wölt yn mit gůtt, so er ym verhaissen wölt, sein fürnemen wenden vnd sein gemüt verkeren, fieng an vnnd sprach: Fortunate, laßt üch radten, was sol eüch daz klainat? ich wil eüch darfür schaffen, das eüch vnnd eweren kinden vil besser vnd nützer ist dann das beschaben hütlin, vnd hett ich der hütlin ainen sack vol vnnd yeder hůtt het die tugent, so der hůt hat, den ir hond, so wolt ich sy all geben vmb das drittail, das ich üch darumb schaffen will, darumb so lond mich gůtter bot sein, so will ich eüch versprechen vnnd verhaissen, das euch künig soldan můß laden eüer gallee mit gantz gůtem gewürtz, als pfeffer, jmber, nägelin, muscatnuß vnd zymmetrinden vnd anders meer das sich auff hunderttausent ducaten machen wurd vnd darzu so solt ir das hütlin nit von handen geben, biß ir gewert vnd bezalt seind vnnd eüch die gallee mitt sampt dem gůtt tzu eüweren ficherenn handen geantwurt wirtt. ist eüch das zu synn, so wil ich selb auff ewer gallee gen Allexandria faren vnd eüch sy geladen herwider bringen vnnd eüch vertrawen, wenn ich herwider komm vnd bring, was ich eüch verhaissen hab, ir geben mir denn meines gnädigen herren künig soldans klainat wider. mer so waiß ich wol, das diß klainat in der gantzen,[91] weiten welt nyendert das drittayl souil gultt, als der künig soldan darumb gibt, vnd wär es nit vor sein gewesen, ym wär aber nit so not darnach. do Marcholando außgeredt hett, sprach Fortunatus tzu Marcholando: vmb das wir nit vil wortt vergebens treiben, wil ich künig soldans vnd eüer früntschaft geren haben, doch so gedenck mir niemand des hütlins auß meiner gwalt zubringen. Ich hab sunst och ain klainat, das mir fast lieb ist, die müssen bey mir beleyben, die weil ich leb. Marcholando sagt, ob aber nit mer dartzu zureden wär. Antwurt Fortunatus, da wär gantz nichtz mer von zu reden noch zugedencken, vnd het er etwas zuschaffen, das möcht er tůn. Marcholando wolt nit von dannen, er wolt vor vollenden, was ym der künig Soldan beuolhen het vnd rait zu dem künig von Cipern, der dann Fortunatus oberer was, vnd klaget ym von Fortunato vnd bat yn, das er mit ym schüff, das klainat jm wider zugeben oder senden, das er ym doch vneerlich entpfrembt hatt, wann, wo das nit beschäche, so hett er sorg, es wurde ain grosser krieg darauß entspringen, so sy doch lang zeit in gůtem frid vnd gůt nachbauren wärn gewessen. so wär gůt, das sy in früntschafft bliben, wann durch krieg so käm man zu grossem kosten vnd mercklichem schaden, daruor er sein solt, wo er künd oder möcht, wann aim yglichen künig wol zimpt, daz er sein künigkreich vnd vnderthon in friden setz, so verr ym das müglich ist. Der künig antwurt dem Marcholando vnd sprach: ich hab fürsten vnd herren vnder mir vnd in meim künigreich, so ich yn gebeüt, so thůnd sy, was sy wöllen. Aber hatt künig soldan etwas zu Fortunato zuklagen, nem er jn für, so wil ich ym recht volgen lassen, als vil billich vnd recht ist. Marcholando, do er hort, das man seinem herren vnd künig das recht fürschlůg, kund er wol ermessen vnd mercken, das ain haid nit vil ainem christen in der christenhait möcht abbeheben, vnd gedacht ym, wie das jm nit zäm, lenger da zubeleiben, fůr wider gen Famagusta zu seiner gallee vnd lyeß sy zuristen vnd wolt daruon. Do was Fortunatus so gütig, lůd yn zu gast vnd erbot ym es gar kostlich vnd begabt yn auch mit vil kostlicher klaynat Vnnd lyeß ym sein gallee gar wol[92] speissen mit gůtter speyß vnd tranck vnnd sprach: Ich byn dir nicht feind, das du dem Soldan sein bottschaffte hast geworbenn. Doch hoff ich, du seyest mir auch nicht feind, Darumb das ich ym daßs hüdtlin nit wider schicke. Angesehenn, das kayn haydenn kainen Christen liebhaben mag, noch auch kayn gůtes günnen Vnnd, wo künig Soldan das hütlin hett vnd mein wär, er sandte es mir warlicher sachen auch nit wider. es wurd ym auch von den seinen nit geradtenn, das er mir es schickte, Allso des geleychen mir auch nit geradten wirt, das ich ym es schicken soll. Marcholando dancket Fortunato der eeren vnd schanckung, so er ym geton het vnd sagt, er säch wol, das er nichts schaffen möcht weder durch lieb noch durch gäbe. solliches wollt er dem Soldan fürbringen, das er fürbaß in der sach thätte, was yn das best gedeücht, Vnnd fůr also hinweg vngeschafft, darumb er dann auß gesandt was, also lyeß yn Fortunatus farn vnd fraget nit darnach, ob er den künig soldan ertzürnet het, so er doch nit mer in sein land wolt.

Als nu Fortunatus zu gůter maß die gantzen welt durchfarn vnd ain gůt genügen zuwegen bracht het, do fieng er an vnd hielt ain kostlichen stadt vnnd ließ seine zwen sün och herfür ziehen, hielt sy auch gar eerlich vnd kostlich vnd dinget yn knecht, die sy leerten ritterspil, das ist mit stechen, turnieren vnnd mitt scharpff rennen vnd anders, das dann darzů gehört, wol geübet, Dartzu der iünger sun gar ser genaiget was, sich gar manlich in die sach schickt, dardurch Fortunatus vil klainat außgab, darumb tzu Famagusta gestochen ward, das alweg der iünger sun das best thet vnd den breüß gewan, das yederman sprach, Andolosia thät dem gantzen land eere, dardurch Fortunatus großte freüd hett. vnd lebten also in grossen freüden, wann Fortunatus hett vil kurtzweil mit seinem hütlin, mit dem feder spil vnd auch mitt dem sun Andolosia vnnd mit seim allerliebsten gemahel Cassandra. Als sy nun manig iar in allen freüden lebten vnd von kainem vnmůt wißten zusagen, Do ward die schön Caßsandra kranck ainer swären vnd tödtlichen krankhait, das ir kain artzt weder kund noch mocht gehelffen, ward kain gůt noch gelt gesparet, sonder[93] sy můßt sterben. on langes vertziehen gab sy auff yren gaist. do ließ sy Fortunatus gar eerlich bestaten, als ob sy ain küngin wär gewesen. sy was jm lieb im leben, des erzaigt er sich auch nach irm tod vnd ließ ir vil gůtes nach thůn vnd gelag jm aller sein gůter můt vnd het gantz kain freüd mer, wie wol seine gůtten fründ vnd gesellen ym geren ain můt gemacht hetten vnd zu ym kamen vnnd wolten, das er mit ynen wär spacieren geritten, jagen, bayssen, wie er dann vormals gethon het. der wolt er kaines thůn, sonder er sass allain vnnd trauret vmb seinen liebsten gemahel, als er allso allain was, fieng er an vnd sprach wider sich selb: O Fortunate, was ist dir nun nütz, das du gelts genůg hast vnd dem soldan sein allerbestes klainat vor haltest, Alle reich durchzogen bist vnd yetzo nit waist tzu welicher stund der tod kommpt vnnd dich auch hyn nympt, als er meinen allerliebsten gemahel genommen hatt, des sy sich noch nit versehen hett? O du grymer tod, wie kanst du so hert vnd so streng seyn, daz du dir nicht last aberbitten vnd weder gab noch můt an dir hilffett? Die iungen noch die alten, die reichen noch die armen, die wolgestalten noch vngestalten nit sicher mügen vor dir sein, weder auff den hohen schlossen oder bergen, noch in den tüffen tölern! vnnd lag allso zubetrachten die gewißhait des tods vnd die vngewißhayt sines kommens. Vnd als er sich so seer bekümmeret, yn niemandt von der fantasey nemen kund noch mocht, do fyel er auch in ain böse kranckhait (die schwindsucht) die man Ethica haißt vnnd nam von tag zu tag ab an seinem leibe. do er entpfand sollichen siechtagen an ym von tag zu tag zunemen, sant er verr vnd nach nach den allerbesten artzten, so man ankommen mocht, den gab vnnd verhieß er groß gůtt, das sy ym hulffen. sy wolten aber ym kainen trost geben, yn gesund zumachen, doch so wolten sy das best tůn, jm sein leben zůfristen so lang sy möchten vnd brauchten dartzu iren vleyß, namen darumb gelts genůg. Fortunatus aber entpfand kainer besserung, besonder, das er wol kund mercken, daz er den tod an ym het vnd ym nit entrinnen kund.

Quelle:
[Anonym]: Fortunatus. Halle a.d.S. 1914, S. 90-94.
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