Wie die iung künigin Agripina Andolosiam mit falscher lieb vmb seinen seckel bracht.

[106] Vnd als nun die künigin wider in ir frawenzymmer kam, berůfft sy Agripina allain vnd ward ir sagen von dem kostlichen leben, so Andolosia fůrt vnd das verwundert den künig vnd auch mich, so er weder land noch leüt hat, von wannen ym das groß gůt komme. Nun ist er dir fast hold. das kan ich an allen seinem weßen wol spiren vnd wenn er am nächsten kommpt, so will ich dir dest mer weil lassen mit ym zu reden, ob du von ym erfaren möchtest, von wannen ym so groß gůt komme. Agripina sprach: ich wil es versůchen.[106] Vnnd als Andolosia gen hoff kam, do ward er gar schon enpfangen vnnd in das frauwenzymmer gelassen, darab er groß freüd entpfieng. vnd ward also zugericht, daz er allain kam zu reden mit der schönen Agripina, vnd als sy allain warn, fieng Agripina an vnd sprach: Andolosia, man sagt groß eer von üch, wie ir dem künig so kostliche maltzeit gegeben vnd jm darzu alle seine diener so kostlich geert habt. nun sagtt mir, habt ir nit sorg, das eüch gelts gebrästen müg? er sprach: gnädige fraw, mir kan gelt nit gerinnen, die weil ich leb. Agripina sprach: so bitten ir billich für eüren vater, der eüch so gnůg lasset. Andolosia sprach: in byn so reich als mein vater vnd er was nye reicher, dann ich yetzund byn. doch so was er ainer complex, jn freüwet nur frembde land zu sehen, so freüwet mich nichts dann schöne frawen vnd iunkfrawen, wo ich der lieb vnd gunst überkommen möcht. Agripina sprach: nun hab ich wol verstanden, das ir an des künigs hoff gewesen, da schön frawen vnd iunckfrawen an seind. hond ir nichtz gesehen, das üch gefallen hab? Andolosia sprach: ich hab wol an sechs küniklichen höffen gedienet vnnd hab manig schön frawen vnd iunckfrawen gesehen, aber ir seind sy all weit übertreffen in der schöne, mit hübschem wandel vnd gůten gebärden, damit ir mir mein hertz also in lieb enttzündt hond, daz ich nit mag lassen, ich můß üch öfnen die grossen vnnd vnsäglichen lyebe, so ich gen eüch trag. Nun kan ich gar wol ermessen, das ich vnbillichen eüwer liebe beger, angesehen, das ich von adel nit so hoch geboren byn. aber die liebe, die alle ding übertryfft, die zwinget mich so hart, das ich nitt lassen kan, ich muß eüch vmb eüwer lyebe bitten. die wöllend mir nitt versagen vnd waß ir mich dann bitten vnd warumb, das solt ir von mir auch gewert werdenn. Agripina die bedacht sich nit lang, das sy ym auff die liebe ain antwurt gab, sonder sy sprach: Andolosia, sag mir die rechtenn warhait, das ich warlich erkennen vnnd mercken müg, von wannen dir so vil bar gelt vnd reichtumb komme. vnd wenn du das thůst on[107] alle list vnd traghait, so will ich auch in deinem willen lebenn. do nun Andolosia die wort von ir vernam, do was er fro vnd auß vnbedachtem můt vnd freüdenreichem hertzen sprach er tzu ir: Allerliebste Agripina, das, so ir an mich begeren, will ich eüch in gantzen treüwen vnd warhait sagen. doch so geloben mir bey gůten treüwen! Sy sprach: O du allerliebster Andolosia, dir soll nicht tzweiflen an meiner liebe noch an meinem verhaissen. was ich dir mitt dem mund verhaiß, das soll dir alles mitt den wercken volbracht werden. auff die gůtte wort sprach Andolosia tzu der schönen iunckfrauwen: nun heben auff eüern geeren vnd zoch herauß seinen glückhafftigen seckel, lyeß den Agripina sehen vnd sprach: die weil ich disen seckel hab, so gebrüst mir kaines gelts vnnd zalt ir also tausent Cronen in ir schoß vnnd sprach: die seyen eüch geschenckt vnd wellen ir mer haben, ich zel üch mer. Gelauben ir mir, daz ich üch die rechten warhait gesagt hab? sy sprach: ich sich vnd bekenn die warhait vnnd nympt mich nit mer wunder ewer kostlichait. Er sprach: nun geweren mich, als ich eüch gewert hab. Sy sprach: das will ich thůn, mein lieber Andolosia. die künigin wirtt dise nachtt bey dem künig ligen, so will ich es mit meiner kamererin zurichten, das ir bey mir ligen, on die kan ich es nitt zuwegen bringen. der müßt ir ain gůte schenckung thůn, damit das es verswigen bleib. das sagt er ir zu vnd er solt also zůnacht kommen, als er auch kam. so bald aber Andolosia hynweg gienge, do lyeff Agripina tzu der künigin mit den tausent cronen in dem geeren vnnd saget ir mit grossen freüden, wie sy erfaren het, von wannen Andolosia das gelt käm vnd auch, waß sy ym verhaissen vnd wie sy jm auff die nacht vertzilt het, bey ir zuligen. daz geuiel der künigin wol, wann sy was ain lüstig weyb, vnnd sprach tzu Agripina: waist du wol, wie der seckel ain gestaltt hat, auch was farb er hatt vnnd was grösse? Sy sprach: ja. vnnd sy sandt bald nach aynem seckler vnd lyessen jn ainen seckel machen nach Andolosia seckels form vnnd gestalt, machten den lind, als ob er alt wär vnd sant die alt künigin bald nach irem doctor in der artzeney, hyeß ir ain starck getranck machen, haißt mandollis,[108] ist ain getranck, so bald man es trinkt, entschlaft ain mensch, als ob es tod sey, syben oder acht stund. vnd als das trank gemacht ward, trůgen sy es in Agripina schlaffkamer vnd vnderwisen die obersten kamermaisterin, wenn zu nacht Andolosia käm, das sy jn schon enpfieng vnd yn in Agripina kamer fůrtte, so wölt sy Agripinam zu ym senden. wenn sy allso zu samen kämenn, sollt sy yn denn fürtragen vil confeckt von zucker vnd übergult, das ir dann berait was, vnd ym denn zutrincken geben vnd das sy eben auffmerket vnd Andolosia das getrank in seinen becher schüttet. vnd wie die ding geordnet waren, das alles geschach.

Andolosia kam gar haymlich vnd ward in Agripina kamer gefürt. sy kam vnd satzt sich zu ym, redten gar freüntlich mit ainander. do ward jn fürgetragen confeckt gnůg vnd ward jn zu trincken gegeben. Agripina hůb auff vnnd sprach zu Andolosia: ich bring üch ainen früntlichen trunck (als in den selben landen sit ist). er hůb auff vnd tranck, vmb das er ir zůwillen wurd. Also bracht sy jm der früntlichen trink ainen nach dem andern, biß daz er das tranck gar auß bracht. so bald er es getruncken hett, sass er nider, sanck hyn vnd entschlieff so hart, das er kayn empfinden me het, wie man mit jm vmbgieng. do das Agripina sach, was sy bald über yn, bryß ym sein wammaß auff, trantt ym herab seinen glückhaftigen seckel vnd näet jm ainen andern an dess stat. O Andolosia, wie was das so ain vngeleicher wechssel! Agripina bracht des morgens frü den seckel der künigin vnd sy versůcht jn, ob er gerecht war, so sy jn het vnnd zalten vil guldin darauß. da was kayn mangel. die künigin bracht iren geeren voller guldin dem künig vnd sagt ym, wie sy mit Andolosia wärn vmbgangen. der künig bat die künigin, sy solt mit Agripina schaffen, das sy jm den sekel gäb, sy möcht darumb kommen. das tet die künigin. Agripina wolt es aber nit thůn. do batt sy, das sy ir yn gäb. das wolt sy och nit tůn, sagt, sy het ir leben daran gewagt, wänn er erwacht wär, die weil sy also mitt ym vmbgangen wär, so het er mich zu tod geslagen vnd billich.

do Andolosia außgeschlaffen hett vnd erwachet, sach[109] er vmbsich vnd sach niemand dann die alten kamermaisterin. die fragt er, wo Agripina hynkommen wär. sy sprach, sy ist erst auff gestanden, mein gnädige frau küngin hat nach ir gesant. Mein herr, wie habt ir so hert geschlafen. ich hon lang an üch gewekt, ich kund üch aber nye erwecken, das ir freüd vnd kurtzweil hetten mit Agripina gehebt. sicher ir habt so hart geschlaffen, hett ich nitt entpfunden, das eüch der atem gieng, ich hett gemaint, ir wärn tod gewesen. Do Andolosia hort, daz er die lieb der schönen Agripina verslaffen hett, fieng er an zu schweren vnnd ym selb tzu flůchen die aller bößsten fliech, so er kund erdencken. die alt kamermaisterin die wollt yn stillen vnd sprach zu ym: herr, gehabt üch nit so übel! was yetz nit geschehenn ist, das beschehe aber hernach. Andolosia sprach: Das dich gott schende, du allte kupplerin, warumb hast du mich nitt rechtt geweckt? Ich hab all mein lebtag nye so hart geschlaffen. Der mich nur ain wenig angerürt het, ich wäre erwachet. Sy sagt vnd schwůr vast, sy hett yn gewecket vnnd gab ym gůte wort, wann er het ir am abent zwayhundert Cronen geschenckt vnd mit den gůten worten fůrt sy jn auß der Agripina schlaffkamer vnd auß des künigs pallast. Andolosia kam haim zu seim volck vnd was nit frölich, als er andere mal gewesen was vnnd lag ym an, das er die mettin verschlaffen vnd wißt nit, das er gelück vnd hail verschlaffen hett.

Quelle:
[Anonym]: Fortunatus. Halle a.d.S. 1914, S. 106-110.
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