An die Nachtigall

[140] 1813.


Süße Klage,

Kleine Nachtigall,

Klang der Nächte, sage,

Wer gab dir den Schall?


Fielst von Sternen

Du, ein Engeltraum,

Daß wir Sehnsucht lernen

Nach dem lichten Raum?


Wurdest Leier

Für der Liebe Leid,

Singst der Seelen Feier

Nun im Federkleid?


Philomele,

Holdes Himmelskind,

Zarte Geisterseele,

Wie die Engel sind!


O der Herzen

Goldner Leierklang!

Klinge, Lust der Schmerzen,

Klinge laut, Gesang!


Klinge, Liebe,

Klinge, Sehnsucht, drein!

Funkelt, helle Triebe,

Hell wie Sternenschein!
[140]

Stimmt Gesänge

Gleich der Nachtigall,

Und im Strom der Klänge

Flutet hin zum All!

Quelle:
Ernst Moritz Arndt: Werke. Teil 1: Gedichte, Berlin u.a. 1912, S. 140-141.
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