Klage um Auerswald und Lichnowsky

[271] 1848.


Hast du noch Lebensodem,

O Erde grün und schön,

Um die aus schwarzem Brodem

Nur finstre Nebel wehn,

Auf der blutwilde Horden

Brand, Mord und Zeter schrein

Und frech in Meuchelmorden

Der Freiheit Glanz entweihn?


Wie? Sind dies deutsche Fahnen?

Die Farben roter Wut?

Will deutsche Kämpfe mahnen

Das Rot an Brust und Hut?[271]

Wie? Rot der welschen Seine

Das mahnte deutschen Mut,

Für Wolf und für Hyäne,

Doch nicht für Deutsche gut?


Sind dies der Freiheit Gaben?

Ist dies der Freiheit Klang,

Von schwarzen Galgenraben

Der Mitternachtgesang?

Nein! Nein! Von Freiheitstötern

Des Blindschleichs Schlangenlist,

Wo unter grausen Zetern

Kein Laut der Freiheit ist.


Ist dies die deutsche Treue?

Trifft so das deutsche Schwert?

Springt so der deutsche Leue,

Der grad' aufs Eisen fährt?

Mann steht den Mann, den Satan

Bestehen zwei und drei,

Doch sieht man solche Tat an,

So bricht das Herz inzwei.


Zwei Helden sind gefallen,

Nicht, wie der Tapfre fällt

Bei hellem Trommelschallen

Auf blut'gem Schlachtenfeld;

Sie haben andre Rosen

Weiland gepflückt im Streit:

Was war den Waffenlosen

Hier für ein Kampf bereit?


Mein Deutschland, Land der Treue!

Mein Deutschland, Land des Muts!

Wann löschet lange Reue

Die Flecken solchen Bluts?

Den Mord, womit der Feige

Den Unbewehrten trifft?

O deutschen Ruhmes Neige!

O deutscher Erde Gift!


O wehe, dreimal wehe!

Weh dieser düstern Tat!

Nein, meine Seele gehe

Nie mit in solchen Rat![272]

Der Ruhm, den Mörder haschen,

Der werde nie mein Ruhm!

Ach! Nimmer wegzuwaschen

Vom deutschen Heldentum!

Quelle:
Ernst Moritz Arndt: Werke. Teil 1: Gedichte, Berlin u.a. 1912, S. 271-273.
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