Dritter Auftritt.

[18] Olympie mit Doris, ihrer Magd, die Körbe zum Markteinkaufe trägt.


DORIS. Hier Fräulein sind viel bessre Kirschen feil, als jene, die wir von der Röse kauften, wir haben so noch nicht genug zum Kuchen, die Hälfte wird vom Herren Bruder in der Küche roh mir wegschnablirt, Sie kennen seine Art, er ißt so in Gedanken.[18]

OLYMPIE. So kauf nur schnell. – Schön Wetter, liebe Frau, die Maikirsch hat ein schönes Blut, ich nehm den ganzen Korb.

CARDENIO vor sich. Sie ists, sie muß es sein. Heimlich zu der Gevatterin. Was die hier nimmt, das hab ich alles schon bezahlt.

DORIS. Ich will nur sehen, ob auch die Kirschen unten sind wie oben in dem Korbe.

GEVATTERIN. Was macht sie, liebes Kind, sie schüttet ja die Kirschen zu den ihren, die waren schon dem schönen Herrn hier verkauft und ich hab keine andre von der Art für heute.

DORIS. Mein Jesus, ei, wie soll ich nun die Kirschen von einander lesen.

CARDENIO. Das ist ein Unglück! Wohl mir, daß ich doch etwas mein genannt, das Sie mein Fräulein hat gereizt, ich nenne Glück, daß ich erstanden hatte, was Ihnen angenehm. Bei Gott, Sie kränkten mich, wenn Sie dies unbedeutende Geschenk verschmähten, ich nehm es sicher nicht zurück.

DORIS. Ja wenn der Herr nicht anders will.

OLYMPIE. Mein Herr, es wäre gegen alle Sitte, solche Gabe auszuschlagen, doch setzt es mich in einige Verlegenheit, daß ich sie nicht mit etwas anderm gleich erwiedern kann.

DORIS. Ei gnädges Fräulein, sehn Sie nur[19] den schlechten Bindfaden an des Herrn Laute, Sie haben heut ein schönres Band gekauft.

OLYMPIE. Das war ein guter Einfall, Doris. Dies blaue Band mit Silbersternen hell durchwirkt wird, meine ich, nicht übel lassen.

CARDENIO. Es ist vielmehr der schönste Ritterorden, der mich dem schönsten Fräulein weiht.

OLYMPIE. So ernsthaft ist es nicht gemeint.

CARDENIO. So ernsthaft muß ichs nehmen und diese Sterne die mich jetzt umgeben, sie zieren mich nicht blos, sie führen mich hinfort durchs ganze Leben.

OLYMPIE. Ich fürchte, daß ihr Glanz zu bald erlöschen wird.

CARDENIO. Doch nimmermehr ihr Segen. Sagen Sie, ist kein geheimer Glanz in dieser Sterne wunderbarer Windung?

OLYMPIE. Kann sein, ich weiß ihn aber nicht.

CARDENIO. Es leuchtet mir so deutlich drin: Olympie muß Cardenio lieben, weil ihr Cardenio ewig eigen.

OLYMPIE. Wie sagen Sie? Sie kennen mich? Ich heiß Olympie, ich kenne nicht Cardenio, doch hab ich viel von ihm gehört durch meinen Bruder.

CARDENIO. Böses oder Gutes?

OLYMPIE. Es hält sich so die Wage, daß noch der Liebe Hauch dem Guten schnell ein Übergewicht verleihen mag.[20]

CARDENIO. Cardenio liebt Sie, wird nimmer eine andere lieben als Sie, Sie können ihn allein beseligen.

OLYMPIE. Beseligen kann der Himmel nur.

CARDENIO. Sie sind sein Himmel, ich bin Cardenio, ich habe noch nie gelogen, mein Herz ist mir erwacht, Glück auf! Glück auf! – Wenn Sie nicht wieder lieben ist alles aus, Glück aus und Hoffnung aus! – es kann nicht sein.

OLYMPIE. Wie kann die Liebe so erschrecken und verwundern wollen?

CARDENIO. Beim Himmel, ich will gar nichts, ich weiß von nichts, zu heftig schlägt mein Herz; ich seh mich ungeschickt nach einem Ausdruck um, zu ihren Füßen seh ich liegen ein viergeblättert Kleeblatt das deutet Glück, o sei es auch ein Zeichen meines Glückes, wenn Sie es nehmen.

OLYMPIE. Ich muß es nehmen, ich fürchte Sie – mir wird so schwindelnd vor den Augen, ach Doris, komm, wir stehen all zu lange in der Sonne – dort kommt ein großer Zug Studenten. Wir müssen fort.

DORIS. Ei gnädges Fräulein, das ist nicht gut für unsern Einkauf, hier war so wohlfeil kaufen. Noch einmal unsern Dank, mein schöner Herr. Olympie verneigt sich und geht mit Doris ab.


Quelle:
Achim von Arnim: Sämmtliche Werke. Band 16, Berlin 1846, S. 18-21.
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