Siebenter Auftritt.

[99] PAMPHILIO tritt ein. Nun guten Tag Herr Nathan, es freut mich, ich finde Sie bei Gelde, ich will es leihn.

NATHAN. Handweg, Handweg, Herr Pamphilio es ist nicht mein Geld, nein bei dem wahrhaftigen Gotte, es ist nur meines Freundes Geld.

PAMPHILIO. Ich such das Geld auch nicht für mich, ich suchs für einen Freund, der alles in der einen Nacht im Pharao verloren, sein Geld und noch viel mehr, blos auf sein Ehrenwort.

NATHAN. Ist es im Pharao verloren, braucht er niemand was zu zahlen aus, das Pharao ist schwer verboten und giebt er an die Bank beim Prorektor da müssen sie ihm alles wieder geben, er kriegt sogar ein Prämium dazu.

PAMPHILIO. Sie rathen ihm die Ehr aufzugeben um das Geld?

NATHAN. Was ist die Ehre, lieber Gott, wen hat sie satt gemacht, getränkt, gekleidet? Wer kann mich hindern, wenn ich sitz in meinem Hause, hab mein Essen auf dem Tisch, und meinen Wein, wer kann mich hindern, zu glauben, ich hätte alle Ehre wie der[99] König Salomo. Geld aber, mein gelehrter Herr, vom Gelde lebt man, vom Leben kommen Jahre, jedes Jahr trägt Zinsen, ich wollt es gäbe zehn Jahr in einem, da wollt ich recht leben.

PAMPHILIO. Jud, ich sag es dir, du lebst nicht lange, mach dir Freunde mit dem ungerechten Mammon.

NATHAN. Gehen Sie, was soll das heißen, Sie verfluchen mich.

PAMPHILIO. Pemperleckofen.

NATHAN. Weinstock! Es ist doch kein Paar brillantne Schuhschnallen.

PAMPHILIO. Armer Freund Cardenio, ich kann kein Geld dir schaffen. Ich stolzer Mensch, der eben noch mit wohlgespicktem Beutel den Erdkreis zu umschreiten trachtete, da steh ich vor dem alten Juden hier und weiß nicht vorwärts und nicht rückwärts weiter, als wär die Brücke vor mir, hinter mir schon eingestürzt, in wildem Strome steh ich einsam auf dem Brückenjoche.

NATHAN. Das sag ich immer, Herr Gelehrter, um das Geld ist alles feil, ein reicher Mann, ein großer Mann.

PAMPHILIO. Alles feil und nichts, sieh alter Nathan, wie auf den Dukaten da ein Mann mit fester Hand so viele Pfeile hält zusammen, so hält das Geld des einzelnen Elends zahlreiche Pfeile überm[100] Menschen fest und schüttelt alle auf sein Haupt, wenn er es hat verloren.

NATHAN. So recht, mein hochgelehrter Herr, so Sprüche sind gar schön, ich kann sie auch zuweilen brauchen, Sie müssen mir doch auch einmal den Unterricht drin geben, verlang es nicht umsonst. Was zahl ich für die Stunde?

PAMPHILIO. Hol dich der Teufel. Ab.

NATHAN. Wie soll ich das verstehn? Ist das eine Antwort, ist das keine. Ich bin gar mächtig alterirt, ich bin ein jämmerlicher Mensch, ich fühl es gleich im Magen. Muß nur ein gut Glas Wein drauf setzen. Wohl bekomms Herr Nathan. Trinkt. Neun Prozent – prolongirt, ich kann nicht, wenn Sie doch wollen, geben Sie doppelt, prolongirt. Herr Nathan ihre Gesundheit. Trinkt. Der Herr Graf lassen auf sich warten, Nathan angestoßen, trink aus. Trinkt. Es wird mir ganz duster. Nathan. – Hast du was gesagt Edelchen? – Gleich Herr Graf! – Gute Nacht Nathan. Er schläft ein.


Quelle:
Achim von Arnim: Sämmtliche Werke. Band 16, Berlin 1846, S. 99-101.
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