2. Am Schluß

[4] Gern seh' ich die Namen der Freunde

In meinem Stammbuch hier an,

Und bete mit dieser Gemeinde.

Dies Kirchlein ich schmücken kann:

Mit Bildern und schönen Zeichen,

Mit manchem herzlichen Wort,

Vor dem die Zeichen weichen,

Und auch der einsame Ort.

Und bis die Augen erblinden,

Und bis der Tag mir versinkt,[4]

Soll keiner vor mir verschwinden,

Der mir je freundlich gewinkt;

Er mag noch wandeln und wirken,

Und schauen das ewige Licht,

Er mag in andern Bezirken

Verhüllen das bleiche Gesicht.

Daß hier auf Erden die Treue

Ein moosiger Eichenstamm,

Braucht viele Jahre zur Weihe,

Und stürzt in schneller Flamm',

Die Flamme steiget zur Bläue,

Und über die Bläue hinaus,

Da findet auf Sternen die Treue

Ein glänzend gezimmertes Haus.

Es treiben wohl Hirten die Heerde,

So weit der Himmel ist blau,

Und meinen sich eigen die Erde,

Glänzt himmlisch die blühende Au,

Es treiben auch Fischer den Nachen,

So weit die Meere sind blau

Und spielen am Todesrachen

Wie Fische in Netzes Bau;

Auch Jäger kennen nicht Gränzen,

So weit der Wald sie verbirgt,

Mit bunten Federn sich kränzen

Von Vögeln, die jubelnd erwürgt;

Doch hör', der Hirt ist gepfändet,

Der Fischer versenkt in das Meer,

Der Jäger ist heimgesendet,

Ihn drückte der Raub zu schwer.

Nur treue Liebe sie dringet

Noch über das Blau hinaus,

Sich über die Meere erschwinget,

Und über der Wälder Gebraus,[5]

Und zu den Sternen sich hebet,

Und freuet sich da der Welt,

Was war, was wird, was lebet,

Ist vor ihr ausgestellt.


Quelle:
Achim von Arnim: Sämtliche Werke. Band 22: Gedichte, Teil 1, Bern 1970, S. 4-6.
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