Das Hasselocher Thal

[310] Mündlich.


Des reichen Schlossers Knab,

Ging mit dem Müller aus,

Ging Abends spät nach Haus

Durchs Hasselocher Thal,

Bey Haßloch durch den Wald,

Wohl durch den dicken Wald.


Der Knab holt Nägel her,

Ein hundert aus der Stadt,

Die Tasche war ihm schwer,

Ein Groschen noch drein hat:

»Im Hundert, lustig spricht,

Find ichs klein Gröschel nicht.«


Der Müller denket schnell,

Er denkt der Nägel nicht,

Die Nägel klingern hell,

Zum armen Knaben spricht:

»Es ist wohl schwer dein Geld,

Ich nehm dir ab dein Geld.«


Der junge Knabe spricht:

»Die hundert Gulden Geld,[310]

Die trage ich noch selbst.«

Der böse Müller spricht:

»So must du sterben bald,

Must sterben hier im Wald.«


Er gab ihm keine Bitt,

Er gab ihm gleich drey Stich:

»Ach Vetter, liebster mein,

Kann es nicht anders seyn,

Gedenk an Berg und Thal,

Wo wir gegangen her durch Berg und Thal.«


»Ich seh nicht Berg und Thal,

Ich seh dran meine Qual,

Die hundert Gulden schnell

Verwandelt in Nägel schwarz,

Ich find den Nagel bald,

Daß ich mich häng im Wald!«


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 1, Stuttgart u.a. 1979, S. 310-311.
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