Das Wunderhorn

Ein Knab auf schnellem Roß

Sprengt auf der Kaisrin Schloß,

Das Roß zur Erd sich neigt,

Der Knab sich zierlich beugt.


Wie lieblich, artig, schön

Die Frauen sich ansehn,

Ein Horn trug seine Hand,

Daran vier goldne Band.


Gar mancher schöne Stein

Gelegt ins Gold hinein,

Viel Perlen und Rubin

Die Augen auf sich ziehn.


Das Horn vom Elephant,

So gros man keinen fand,

So schön man keinen fing

Und oben dran ein Ring,


Wie Silber blinken kann

Und hundert Glocken dran[11]

Vom feinsten Gold gemacht,

Aus tiefem Meer gebracht.


Von einer Meerfey Hand

Der Kaiserin gesandt,

Zu ihrer Reinheit Preis,

Dieweil sie schön und weis'.


Der schöne Knab sagt auch:

»Dies ist des Horns Gebrauch:

Ein Druck von Eurem Finger,

Ein Druck von Eurem Finger


Und diese Glocken all,

Sie geben süßen Schall,

Wie nie ein Harfenklang

Und keiner Frauen Sang,


Kein Vogel obenher,

Die Jungfraun nicht im Meer

Nie so was geben an!«

Fort sprengt der Knab bergan,


Ließ in der Kaisrin Hand

Das Horn, so weltbekannt;

Ein Druck von ihrem Finger,

O süßes hell Geklinge![12]


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 1, Stuttgart u.a. 1979, S. 7-8,11-13.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Des Knaben Wunderhorn
Ludwig Achim's von Arnim sämtliche Werke: Band XVII. Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder, gesammelt von L. A. v. Arnim und Clemens Brentano. Band 3
Sämmtliche Werke, Neue Ausgabe. Herausgegeben von Bettina von Arnim und Wilhelm Grimm. Band 06: Des Knaben Wunderhorn I und II. - Reprint der Ausgabe von 1857
Des Knaben Wunderhorn Band 2
Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder, gesammelt von L.A.v. Arnim und Cl. Brentano. Neu bearbeitet von Anton Birlinger und Wilhelm Crecelius; ... in Holz geschnitten von C.G. Specht: Band. 1
Ludwig Achim's Von Arnim Sämmtliche Werke: Des Knaben Wunderhorn. T. 3 (German Edition)