Der Wirthin Töchterlein

[200] Mündlich.


Bey meines Buhlen Kopfen,

Da steht ein güldner Schrein,

Darin da liegt verschlossen,

Das junge Herze mein,

Wollt Gott, ich hätt den Schlüssel,

Ich würf ihn in den Rhein.

Wär ich bey meinem Buhlen,

Wie möcht mir baß gesein.


Bey meines Buhlen Füßen,

Da fleußt ein Brünnlein kalt,

Wer des Brünnlein thut trinken,

Der jüngt und wird nicht alt;

Ich hab des Brünnleins trunken,

Viel manchen stolzen Trunk,

Nicht lieber wollt ich wünschen

Meines Buhlen rothen Mund.


In meines Buhlen Garten,

Da steht viel edle Blüth,

Wollt Gott, sollt ich ihr warten,

Das wär meins Herzens Freud,

Die edlen Rößlein brechen,

Denn es ist an der Zeit.

Ich trau sie wohl zu erwerben,

Die mir am Herzen leit.


In meines Buhlen Garten,

Da stehn zwey Bäumelein,[200]

Das ein das trägt Muskaten,

Das andre Nägelein;

Muskaten die sind süße,

Die Näglein riechen wohl,

Die geb ich meinem Buhlen,

Daß er mein nicht vergeß.


Und der uns diesen Reihen sang,

So wohl gesungen hat,

Das haben gethan zween Hauer,

Zu Freiberg in der Stadt;

Sie haben so wohl gesungen

Bey Meth und kühlem Wein,

Dabey da ist gesessen,

Der Wirthin Töchterlein.


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 1, Stuttgart u.a. 1979, S. 200-201.
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