Die Mutter muß gar seyn allein

[214] Von Martin Luther aus dem J! neu-eröffneten herrlichen Schatze der Kinder Gottes. Zittau bey David Richtern 1710. S. 492.


Sie ist mir lieb, die werthe Magd,

Und kann ihr nicht vergessen,

Lob, Ehr und Zucht von ihr man sagt,

Sie hat mein Herz besessen,

Ich bin ihr hold,

Und wenn ich sollt

Groß Unglück han,

Da liegt nichts an,

Sie will mich des ergetzen

Mit ihrer Lieb und Treu an mir,

Die sie zu mir will setzen,

Und thun all mein Begier.


Sie trägt von Gold so rein ein Kron,

Drin leuchten hell zwölf Sterne,

Ihr Kleid ist wie die Sonne schön,

Das glänzet hell und ferne,

Und auf dem Mond

Ihr Füße stahn;

Sie ist die Braut,

Dem Herrn vertraut,

Und ihr ist weh und muß gebären

Ein schönes Kind, den edlen Sohn,

Und aller Welt den Herren,

Dem ist sie unterthan.


Das thut dem alten Drachen Zorn,

Und will das Kind verschlingen,[214]

Sein Toben ist doch ganz verlorn,

Es kann ihm nicht gelingen.

Das Kind ist doch

Gen Himmel hoch

Genommen hin,

Und lässet ihn,

Auf Erden fast sehr wüten:

Die Mutter muß gar seyn allein,

Doch will sie Gott behüten,

Und rechter Vater seyn.


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 1, Stuttgart u.a. 1979, S. 214-215.
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